Deutsche Dressur-Equipe bleibt das Maß der Dinge
Das muss man sich ja auch erstmal trauen: Zu Beethovens „Götterfunken“ einreiten. Was, wenn nicht das als musikalische Untermalung, könnte sonst einen Anspruch auf Gold untermauern?
Aber dann ist es genau so auch gekommen. Isabell Werth, die 52 Jahre alte Rekordreiterin aus Rheinberg, feierte am Dienstag in Tokio mit dem deutschen Team erneut olympisches Gold – es ist das 14. insgesamt in der Dressur für Deutschland.
Gemeinsam mit Dorothee Schneider aus Framersheim und Jessica von Bredow-Werndl aus Tuntenhausen siegte Werth auch in einem sehr starken Feld überlegen. Für sie ist es bereits ihre siebte goldene Medaille bei Olympischen Spielen – und sie hat an diesem Mittwoch im Dressur-Einzel noch die Chance auf die achte. So viel zu der Erwartungshaltung, die Deutschlands Reiterinnen immer mit im Dressursattel sitzen haben.
„Ich bin total happy über Bella, sie hat eine fantastische Leistung gezeigt“, sagte Isabell Werth nach ihrem Ritt über die langbeinige Fuchsstute, mit der sie nicht weniger als eine „Lebenspartnerschaft“ verbinde. 14 Jahre schon trainiert Werth das ausdrucksstarke Pferd, das seine maximale Leistung an diesem Dienstag sicher noch nicht gezeigt hat. Die gute Laune ließ Werth sich auch nicht dadurch verderben, dass die Richter ihrer Meinung nach knauserig mit Punkten waren. „Warum sollte ich mich ärgern?“, fragte sie in die Kameras. Ja, warum? Mehr als Gold geht schließlich nicht.
Vor Werth war Dorothee Schneider für Deutschland ins Viereck eingeritten und hatte dort auf ihrem Wallach Showtime, genannte Showi, die 36 vorgeschriebenen Lektionen höchst vorbildlich absolviert. Das Pferd entspannt, der Schweif ruhig, die Ohren gespitzt, nur ein kleiner Fehler, aber bei einer Aufgabe, die in der Wertung nicht viel zählte. Schneider höchst begeistert: „Wir sind ein Super-Team!“ Und damit meinte sie nicht nur sich und ihr Pferd, sondern alle: „Super-Pferde, Super-Reiter!“
Im Einzel im Mittwoch könnten weitere Medaillen folgen
Und so sah es auch ARD-Kommentatorlegende Carsten Soestmeier: Er wurde nicht zum ersten Mal angesichts der gezeigten Leistungen zum Dichterfürsten der Sportreporter, verglich die Eleganz der Pferde mit dem Lichtspiel einer Kerze in der Brise, und schwärmte, dass das Pferd die Reiterin nicht nur auf dem Rücken, sondern auch im Herzen trage. Typisch Soestmeier, könnte man spötteln, doch hielt schon der Dienstag durchaus immer wieder leichte Gänsehautmomente bereit.
Und der Mittwoch kann das toppen. Auch Schneider sieht noch Luft nach oben. „Da werde ich noch mal angreifen“, sagte sie. Das wird auch Werth gehört haben, die beim Kampf ums Einzel- Gold zu ihren Konkurrentinnen gehört.
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Anders als Werth und Schneider war die dritte deutsche Reiterin Jessica von Bredow-Werndl erstmals bei Olympia dabei. Ihren Nerven hat das nicht geschadet. Vielmehr konnte sie sogar noch lächeln, als ihre dunkelbraune Trakehner-Stute Dalera den Beginn der Zweier- Wechsel-Tour im wahrsten Sinne des Wortes verkackt hatte – es lässt sich nicht gut konzentriert galoppieren, wenn die Äpfel fallen. Sie hatte allerdings das Glück, das die Platzierungen so gut wie feststanden, als sie an den Start ging.
„Das war ganz, ganz großer Sport heute“, schwärmte denn auch Pferdesport-Equipechef Dennis Peiler. „Alle drei waren in überragender Form, einfach absolute Weltklasse.“ Er kann ein Ergebnis von 8178 Punkten notieren, Silber ging an das US-Trio (7747), in dem mit Suppenkasper das Pferd mit dem vielleicht tollsten Namen des Turniers vertreten ist, und Bronze ging an das Team aus Großbritannien (7723), in dem die Goldmedaillengewinnerin von 2012 mitritt: Charlotte Dujardin. (mit dpa)