Sport im Fernsehen: Schluss mit Fußball! Zeigt uns Baseball!
Für Baseball-Fans ist der Oktober die schönste Zeit des Jahres. Dann finden in der Major League Baseball (MLB) die Play-offs statt. Hier gibt es Action, Spannung und Emotionen satt – mehr geht nicht in diesem Sport.
In diesem Jahr war auch ein Deutscher in der entscheidenden Saisonphase mit dabei, der Berliner Maximilian Kepler-Rozicky (in den USA der Einfachheit halber Max Kepler genannt) erreichte mit den Minnesota Twins die zweite Play-off-Runde, wo er in der Nacht auf Donnerstag allerdings gegen Titelverteidiger Houston Astros ausschied. Interessiert hat das in Deutschland aber kaum jemanden, was schade ist, denn Baseball hat so viel zu bieten, nicht nur in den Play-offs der besten Liga der Welt.
Die besondere Herausforderung bei diesem Sport besteht darin, mit dem Schläger einen mit Leder umhüllten Korkball zu treffen, der aus 18 Metern Entfernung und einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Kilometern pro Stunde auf einen zufliegt. Klingt kompliziert, ist es auch. Wenn die besten Werfer der Welt gegen die besten Schlagmänner antreten, ist deren Wahrscheinlichkeit den Ball zu treffen und auch noch im Feld zu platzieren fast so gering wie eine Parade des Torwarts beim Elfmeterschießen im Fußball.
Es ist unter anderem dieses besondere Duell Werfer gegen Schlagmann, das den Sport so reizvoll macht. Welcher Wurf kommt als nächster? Volles Tempo, Kurve oder ein nach unten wegbrechender Ball? Es geht um die richtige Strategie und ist im Endeffekt doch wieder reine Nervensache. Wirft der Pitcher den Ball genau dahin, wo er hinsoll? Bleibt der Schlagmann geduldig und findet er dann noch die Lücke im Feld oder gelingt ihm sogar ein Volltreffer, mit dem er den Ball aus dem Stadion befördern kann und sich danach für einen Homerun feiern lassen darf?
160
Kilometer pro Stunde kann der Ball nach einem Pitch erreichen.
Baseball ist Mannschaftssport und Einzelkampf zugleich. In der Offensive spielt einer gegen alle (Pitcher und Feldverteidigung des Gegners), in der Defensive wird im Team gespielt. Dabei kommt es darauf an, den Platz so gut abzudecken, dass dem Schlagmann des Gegners so wenig wie möglich Raum bleibt. Und wenn doch ein Ball ins Feld gebracht wird, geht es um Schnelligkeit und Präzision in der Verteidigung, damit der gegnerische Spieler keine Base erreichen kann.
Es sind diese vielen einzelnen Aspekte, die Baseball so faszinierend machen. Auf der einen Seite ist da die pure Kraft der Schlagmänner, auf der anderen die Reaktionsfähigkeit der Defensivspieler. Teilweise kann das akrobatische Züge annehmen, wenn ein Ball spektakulär aus der Luft gefangen oder blitzschnell von einer Base zu anderen geworfen wird und dort vor dem heranstürmenden Läufer im Handschuh des Verteidigers landet.
Für Laien mögen die Regeln verwirrend sein, in Teilen – vor allen Dingen im Detail – mag das durchaus stimmen. Aber die Grundzüge sind denkbar einfach: Schlagmann hier, Werfer und Defensive da. Die einen versuchen die Bases bis zur Homeplate zu umrunden, die anderen genau das zu verhindern. Am Ende kann ein Spiel 1:0 ausgehen oder auch 20:2. Alles ist möglich im Baseball. Und fast kein Vorsprung ist sicher.
Trotzdem hält sich das Vorurteil hartnäckig, dass Baseball langweilig sei und die Spieler die meiste Zeit nur herumstehen und auf Dinge warten, die dann nicht einmal passieren. Vielleicht braucht es in dieser Sportart den zweiten Blick, um sich zu verlieben. Es sind die inneren Werte, die Baseball so besonders machen. Die vielen Geschichten, die über die Jahrzehnte in der MLB geschrieben wurden und die längst zur amerikanischen Kultur gehören.
Natürlich ist Baseball nach wie vor ein US-Sport im wahrsten Wortsinne. Aber wer einmal in Japan oder Lateinamerika war und dort die Begeisterung der Menschen für das Spiel erleben durfte, der weiß, dass Baseball mehr ist als eine seltsame Leidenschaft eines ohnehin schon eigenwilligen Volkes. Der Sport ist inzwischen viel internationaler geworden, auch wenn sich Europa damit noch schwertut – immerhin gibt es seit ein paar Jahren die London Series der MLB mit Spielen in England.
Und in Deutschland? Auch hier wird Baseball gespielt, gerade für Kinder ist die Sportart aufgrund ihrer Vielseitigkeit höchst attraktiv und definitiv eine Alternative zum allgegenwärtigen Fußball. Vielleicht gelingt Max Kepler irgendwann als erstem Deutschen der Einzug in der World Series, sollte er dort dann auch noch den Titel holen, dürfte das in seiner Heimat sicherlich ein paar mehr Menschen interessieren.