Länder haben nicht entschieden: ARD und ZDF ziehen für höheren Rundfunkbeitrag vor Gericht

ZDF und ARD haben Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags eingereicht. ZDF-Intendant Norbert Himmler teilte am Dienstag in Mainz mit: „Die Unabhängigkeit unserer Berichterstattung steht und fällt mit der Unabhängigkeit unserer Finanzierung.“

Da die Länder die Beitragsempfehlung der KEF nicht umsetzen, bleibe dem ZDF keine andere Möglichkeit, als erneut Beschwerde in Karlsruhe einzulegen, hieß es weiter. Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich zum Jahreswechsel empfohlen.

Kai Gniffke, Vorsitzender der ARD und Intendant des SWR, sagte: „Dieser Schritt fällt uns schwer, aber wir können eine Verletzung des Verfahrens nicht hinnehmen.“

Die Unabhängigkeit unserer Berichterstattung steht und fällt mit der Unabhängigkeit unserer Finanzierung.

ZDF-Intendant Norbert Himmler

Die Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer hatten sich im Oktober auf eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geeinigt, einen Beschluss zum künftigen Rundfunkbeitrag jedoch bis zum nächsten Treffen am 12. Dezember in Berlin verschoben. Die Sender erhöhen mit der Verfassungsbeschwerde nun den Druck.

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Die Medienpolitik darf nur unter eng definierten Voraussetzungen von der KEF-Empfehlung abweichen. Eine Erhöhung zum 1. Januar hatte die in Medienfragen federführende Staatskanzlei Rheinland-Pfalz bereits Mitte September aus verfahrenstechnischen Gründen ausgeschlossen.

Söder kritisiert Verfassungsbeschwerde

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kritisiert die Verfassungsbeschwerde. „Den Rundfunkanstalten würde mehr Zurückhaltung in eigener Sache guttun“, sagte er.

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine tragende Säule unserer Demokratie, aber er darf die Akzeptanz und den Rückhalt in der Bevölkerung nicht verspielen. In Zeiten knapper Kassen ist eine erzwungene Gebührenerhöhung das falsche Signal“, führte Söder seine Kritik aus.

Alle müssten maßhalten – auch die Rundfunkanstalten, sagte Söder. „Rundfunkbeiträge von mehr als neun Milliarden Euro pro Jahr sind mehr als auskömmlich.“ Vor einer Erhöhung der Beiträge seien erst entschlossene Reformen und Sparbemühungen nötig.

Den Rundfunkanstalten würde mehr Zurückhaltung in eigener Sache guttun.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)

„Wir haben im Länderkreis dazu strukturelle Reformen beschlossen, die erst wirken sollten. Eine Gebührenerhöhung über eine Klage ist das falsche Signal und kostet weiteres Vertrauen. Es geht um ein Gespür für die allgemeine Lage. Die Klage lässt dieses Gespür leider vermissen“, kritisiert der CSU-Chef.

Schweitzer und Kretschmer bedauern Entscheidung

Der Vorsitzende der Rundfunkkommission, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), bedauerte die Entscheidung der ARD und des ZDF.

„Wir Länder haben beschlossen, bis zur Ministerpräsidentenkonferenz am 12. Dezember die noch offenen Finanzierungsfragen zu klären und zu entscheiden. Daran arbeitet die Rundfunkkommission der Länder.“ Der Schritt nach Karlsruhe könne nur eine Ultima Ratio sein, sagte Schweitzer in Mainz.

Der sächsische Ministerpräsident und Co-Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Michael Kretschmer (CDU), teilte außerdem mit: „Die Ankündigung einer Klage der Anstalten zum Rundfunkbeitrag nehmen wir zur Kenntnis.“

Die offenen Fragen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wolle man auf der Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember gemeinsam klären, sagte Kretschmer, der außerdem Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist.

Bundesverfassungsgericht war schon einmal involviert

Auf Beitragsänderungen müssen sich zunächst die Länderchefs einigen, danach müssen die unterzeichneten Verträge von allen Landesparlamenten gebilligt werden. Auf dieser letzten Stufe scheiterte das Verfahren im Jahr 2020.

Der Rundfunkbeitrag sollte damals zum 1. Januar 2021 um 86 Cent auf 18,36 Euro steigen. 15 Landesparlamente ratifizierten den entsprechenden Medienänderungsstaatsvertrag, einzig der Landtag von Sachsen-Anhalt stimmte im Dezember 2020 nicht ab und kippte die von der KEF empfohlene Erhöhung damit vorerst.

Die Richter wiesen das Bundesland damals in seine Schranken und ordneten einen Anstieg des Beitrags mit Monaten Verzug im Sommer 2021 von 17,50 Euro auf aktuell 18,36 Euro an. Wann es eine Entscheidung der Karlsruher Richter zu der neuesten Verfassungsbeschwerde geben wird, ist unklar.

Warum die Länder um den Rundfunkbeitrag streiten

Auch dieses Mal hatten gleich mehrere Ministerpräsidenten – darunter von Sachsen-Anhalt, Bayern und Brandenburg – schon früh klargemacht, dass sie sich gegen eine Anhebung stellen. Manche der Kritiker fordern mehr Reformwillen der Medienhäuser, sie sprechen auch von verloren gegangenem Vertrauen durch den RBB-Skandal.

Und es wird das Argument angeführt, dass die Öffentlich-Rechtlichen ausreichend Rücklagen hätten, die man erst einmal einsetzen könnte, bis Reformen wirken – dem widerspricht wiederum die KEF.

Befürworter einer Erhöhung sagen, Reformen würden erst mit der Zeit für Einsparungen sorgen. Deshalb müsse man den Häusern das Beitragsplus – auch mit Blick auf die Inflation – zugestehen. Das Problem: Alle Ministerpräsidenten und danach alle Landtage müssen einer Beitragserhöhung zustimmen. Sagt nur ein Land Nein, bleibt alles beim Status quo. (epd/dpa)