Zum Tod von Caterina Valente: Sie war Deutschlands einziger musikalischer Nachkriegs-Weltstar

Timing ist alles. Im Film wie im Showgeschäft. Wenn ein Star einen eleganten Abgang hingelegt hat, dann ist es Caterina Valente. In den letzten zwanzig Jahre war sie kurz mal im Fernsehen und bei ein paar Preisverleihungen zu sehen. Ansonsten lebte die italienische Sängerin, die es in sechzig Bühnenjahren von der Kinderdarstellerin zu einer Weltkarriere brachte, zurückgezogen in Lugano in der italienischen Schweiz.

Interviews hatte sie schon lange keine mehr gegeben, sie ließ sich auch nicht in Fernsehdokumentationen oder auf Tribute-Alben feiern, wie ihr der Jazztrompeter Till Brönner eins widmen wollte. Eines der letzten öffentlichen Statements ließ sie zum 90. Geburtstag durch ihren Presseagenten verlauten: „Es geht ihr gut, sie will einfach das Leben genießen.“ Groß feiern war nicht Caterina Valentes Ding.

Nun wurde bekannt, dass die Sängerin, die es mit „Itsy Bitsy Teenie Weenie Honolulu Strandbikini“ und „Ganz Paris träumt von der Liebe“ in den 1960er Jahren auch in die schlagerseligen deutschen Wohnzimmer geschafft hatte, bereits am 9. September friedlich in ihrem Haus in Lugano im Alter von 93 Jahren verstorben ist.

Diese Evergreens waren der Grund, warum die am 14. Januar 1931 in Paris geborene Italienerin, die nach einer Heirat zeitweilig auch einen deutschen und heute den französischen Pass besaß, zur „Stimme des Wirtschaftswunders“ erklärt worden war.

In einem Atemzug mit Barbra Streisand

Der Tagesspiegel nannte sie 1955 „eine reizende unkomplizierte junge Frau mit schwarzen Zottelhaaren“ und fabuliert weiter: „Das Bunte, Schnelle und das Häusliche ihres Wesens sind nicht fremd miteinander.“ Was wohl nichts anderes heißen soll, als dass die junge Sängerin die nach dem Krieg grassierende Sehnsucht nach Exotik mit einer für diesen Berufsstand ungewöhnlich soliden Ausstrahlung verbindet.

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Die polyglotte, sechs Sprachen fließend sprechende und doppelt so viele singende Sängerin mutiert zur beschwingten Reiseführerin der Herzen, mit der es mal nach „Granada“ und mal nach „Ipanema“ geht. Dass sie zwischen Las Vegas, Paris und London pendelte und zeitweise in einem Atemzug mit Barbra Streisand und Liza Minnelli genannt wurde, war quasi dynastisch bedingt. Ihre Eltern waren Varietékünstler der A-Liga.

Der Vater Akkordeonist, die Mutter Maria Valente eine berühmte Musikkomödiantin, die Caterina schon als Kind mit auf die Bühne nimmt, der Großvater Direktor des Russischen Staatszirkus’. Ihr Bruder, der Klarinettist Silvio Francesco, gehört zu ihren liebsten Bühnenpartnern. Beide wissen: Talent ist nichts ohne Disziplin.

Italienerin mit preußischer Arbeitsmora

Caterina Valente singt um die 1400 Lieder ein, landet Top-Ten-Hits in Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Großbritannien und mit den Liedern „Malaguena“ und „The Breeze And I“ auch in den USA. Letzteres ist eine heiße Latino-Nummer, in der Caterina Valente scattet, als ginge es um ihr Leben. Ihre gesangliche Risikofreude und ihren Tonumfang kann sie erst im Jazz so richtig zeigen.

Caterina Valente mit ihrem Ehemann Roy Budd und ihrem Sohn Alexander bei einem Ausflug im Tessin.

© dpa/Klar

Sie singt Swing und Chansons, arbeitet mit Michel Legrand, Chet Baker, Ella Fitzgerald und Burt Bacharach. Und sie verliebt sich in den Bossa Nova und bringt die Musik in die USA. Perry Como widmet ihr sogar ein Lied namens „Caterina“. Fernsehshows auf der ganzen Welt reißen sich um sie.

Das deutsche Fernsehen widmet ihr mit „Bonsoir, Kathrin!” die erste Personalityshow überhaupt, außerdem ist sie Dauergast in der Samstagabendunterhaltung. Die Showbiz-Fama raunt von 10.000 Auftritten, die Caterina Valente absolviert haben soll – nur ganze zwei habe sie jemals abgesagt. Ein Tusch für die Italienerin mit preußischer Arbeitsmoral.

Noch als Ruheständlerin hatte Caterina Valente ihre Fans per gut gepflegter Webseite und sozialen Medien mit einem steten Strom guter Wünsche und historischer Clips versorgt. Ihr „One Note Samba“-Spaß-Duett mit Dean Martin aus den sechziger Jahren haben sich auf Youtube elf Millionen Menschen angesehen, was die Künstlerin „als Wiederentdeckung durch die digitale Generation“ verbucht.

Tatsächlich kann die damals schon etwas verlebte Entertainer-Schnapsdrossel im notorischen Rat-Pack-Smoking weder in Sachen Witz und Charisma und schon gar nicht gesanglich mit ihr mithalten. Rückblickend betrachtet, besticht die souveräne Distanz, mit der die großartig steppende und Gitarre spielende Entertainerin neben Bühnenpartnern wie Bing Crosby, Danny Kaye, Sammy Davis Jr., Charles Aznavour oder Peter Alexander bestand. Caterina Valente war Deutschlands einziger musikalischer Nachkriegs-Weltstar.