Nur ein Neuer am Deadline Day: Hertha BSC bleibt hinter den Erwartungen zurück

Die äußeren Bedingungen waren denkbar ungemütlich. Satter Regen peitschte von Westen über den Schenckendorfplatz auf dem Berliner Olympiagelände. Und trotzdem herrschte vergleichsweise reger Betrieb, als die Fußballer von Hertha BSC am Dienstagnachmittag ihre erste Trainingseinheit der Woche absolvierten. Deutlich mehr Publikum als sonst hatte sich eingefunden, vielleicht weil sich inzwischen herumgesprochen hat, dass bei Hertha immer was los ist.

Am Dienstag galt das nur bedingt. Weder auf dem Platz noch hinter den Kulissen ging es besonders spektakulär zu. Die frisch ins Amt gehobene sportliche Leitung des Berliner Bundesligisten bemühte sich weitgehend vergeblich um die Optimierung des vorhandenen Kaders. Das Ergebnis ihrer Bemühungen fiel dürftig aus – vor allem gemessen an den Erwartungen, die zum Teil vom Verein selbst und zum Teil durch die rund um den sogenannten Deadline Day mal wieder ausufernde Berichterstattung geweckt worden waren.

Etliche Namen waren in den vergangenen Tagen durchs mediale Dorf gejagt worden: von Maximilian Philipp bis Marvin Friedrich, von Jannik Vestergaard bis Fabian Reese, von Kerem Demirbay bis Gauthier Hein.

Am Ende blieb es bei einem Neuen, und der ist mit Tolga Cigerci auch noch ein alter Bekannter. Schon zwei Stunden vor Transferschluss, als in den sozialen Medien noch eifrig über weitere Namen spekuliert wurde, antwortete Trainer Sandro Schwarz auf die Frage, ob es sonst noch Transfers gebe, denkbar knapp: „Nein.“

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Pflichtspiele hat Cigerci von 2013 bis 2016 für Hertha bestritten.

Tolga Cigerci kehrt nach etwas mehr als sechs Jahren in der Türkei zu den Berlinern zurück, für die er zwischen 2013 und 2016 bereits 41 Pflichtspiele (ein Tor) bestritten hat. „Mir bedeutet der Verein sehr viel. Ich freue mich, wieder hier zu sein“, wurde der 30 Jahre alte Mittelfeldspieler in einer Mitteilung von Hertha BSC zitiert.

Er kommt vom türkischen Erstligisten Ankaragücü, wo er Führungsspieler und Kapitän war, und erhält einen Vertrag bis 2024. Laut Medienberichten aus der Türkei zahlt Hertha 350.000 Euro für ihn, bei Klassenerhalt sollen noch einmal 150.000 fällig werden.

Cigerci war zu Saisonbeginn vom Istanbuler Klub Basaksehir nach Ankara gewechselt. Seitdem verpasste er nur ein Spiel in der Süperlig, weil er gelbgesperrt war. In allen anderen Begegnungen stand Cigerci in der Startelf. Im September feierte der frühere deutsche Junioren-Nationalspieler nach sechs Jahren zudem sein Comeback für die türkische Nationalmannschaft.

„Er ist ein Mentalitätsspieler, der das Umfeld kennt. Das ist nicht ganz unwichtig“, sagte Trainer Schwarz über den Neuzugang. Hertha braucht jemanden, der der Mannschaft im Abstiegskampf sofort hilft, ohne lange Eingewöhnungszeit. Cigerci sei „fußballerisch gut, strategisch gut, laufstark“, und obwohl er im zentralen Mittelfeld auf allen Positionen einsetzbar ist, sieht Schwarz ihn vor allem als Sechser.

Er ist fußballerisch gut, strategisch gut, laufstark.

Herthas Trainer Sandro Schwarz über Neuzugang Tolga Cigerci

Mit Cigercis Verpflichtung hofft Hertha eine der größten Schwachstelle im Kader beseitigen zu können. Das Problem: Es gibt noch einige andere, die der Klub ebenfalls gern behoben hätte. Da Agustin Rogel und Chidera Ejuke noch längere Zeit ausfallen, soll Hertha sich auch nach einem Innenverteidiger und einem offensiven Flügelspieler umgeschaut haben. Vergebens.

„Oh, Gott“, sagte Schwarz, als er auf das Ende der Transferphase angesprochen wurde. Seine Reaktion ließ erahnen, wie mühselig sich die Angelegenheit gestaltet hatte. Dass Hertha drei Tage vor Schluss die sportliche Führung ausgetauscht hatte, dass Fredi Bobic, der bisherige Geschäftsführer, durch den bisher weitgehend unerfahrenen Benjamin Weber ersetzt worden war, hat die Angelegenheit wohl nicht vereinfacht.

„Das eine oder andere hat nicht geklappt“, gab Schwarz zu. Das eine oder andere habe auch Hertha nicht machen wollen. Weil, wie im Fall des Franzosen Gauthier Hein, nicht alles, was Bobic noch vorbereitet hatte, die Zustimmung der neuen sportlichen Leitung fand.

Und so muss Sandro Schwarz mit nahezu unverändertem Kader Hertha vor dem Abstieg in die Zweite Liga bewahren. „Klar war es eine beschissene Woche mit allem zusammen“, sagte Schwarz. Mit drei Niederlagen aus den ersten drei Spielen, mit der Entlassung von Fredi Bobic und der unbefriedigenden Transferphase. Aber das ist vorbei. „Es ist wichtig, dass wir uns auf die Dinge konzentrieren, die wir auf dem Platz beeinflussen können.“

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