Mit Mut nach München: Der 1. FC Union Berlin sucht noch nach der Balance
Nenad Bjelica hat eine relativ klare Vorstellung davon, was für ein Spiel seinen 1. FC Union am Mittwoch (20.30 Uhr, Sky) in München erwartet. „Wir wollten die Bayern aufwecken, jetzt hat Werder die Bayern schon aufgeweckt, und die werden sich sicher nicht noch mal so eine Leistung erlauben“, sagt der kroatische Trainer mit Blick auf die überraschende 0:1-Niederlage der Münchner am vergangenen Sonntag.
Spiele gegen die Bayern sind meist solche, in denen die eigene Mannschaft leiden muss. Kaum Ballbesitz, viele Zweikämpfe, viel Laufarbeit, viel Kampf – und das alles mit der Hoffnung auf den einen erfolgreichen Konter. So wie es die Bremer am Sonntag vorgemacht haben und es lange Jahre die Spezialität der Berliner war.
In dieser Saison tut sich Union aber nicht nur mit dem schnellen Umschaltspiel, sondern generell in der Offensive enorm schwer. 17 Tore in 16 Spielen sind eine sehr magere Ausbeute und die hat sich auch nach dem Trainerwechsel zu Bjelica Ende November nur unwesentlich verbessert. Der 52 Jahre alte Kroate hat gleich zu Beginn deutlich gemacht, dass er Fußball aktiv, offensiv und mit schnellen Flügelspielern denkt, wirkt mittlerweile aber deutlich pragmatischer.
Chris Bedia kommt mit viel Selbstvertrauen
Beim 0:0 in Freiburg war er zur unter Fischer gewohnten Dreierabwehrkette zurückgekehrt und hatte sein Team defensiver eingestellt. Ohne eine einzige eigene Torchance ermauerte sich Union mit viel Glück einen Punkt, doch auch Bjelica weiß, dass diese Herangehensweise in München wenig erfolgversprechend sein dürfte. „Ich glaube, dass wir Chancen haben werden, aber wir müssen unser Maximum bringen: maximale Disziplin, maximale Aggressivität und maximalen Mut nach vorne zu spielen, wenn wir Chancen bekommen auf Konter“, sagt der Trainer.
In seinen ersten zwei Monaten in Berlin hat Bjelica den freien Fall der Mannschaft zwar beendet und Union in der Liga mit sieben Punkten aus vier Spielen halbwegs stabilisiert, die richtige Balance im Spiel hat er aber auch noch nicht gefunden. Mal opfert er offensive Durchschlagskraft im Zeichen der defensiven Stabilität, mal kassiert die mutiger aufgestellte Mannschaft hinten einfache Gegentore. „Wir wollen variabel sein, wir wollen Spiele gewinnen, das ist alles, was momentan zählt“, sagt Bjelica.
Die Offensive ist dabei aber momentan die größte Baustelle. Sheraldo Becker und David Fofana sind weg, Kevin Behrens, Kevin Volland, Mikkel Kaufmann und Benedict Hollerbach haben in der Bundesliga gemeinsam nur neun Treffer erzielt, wobei die vier Torerfolge des fast schon bemitleidenswert glücklosen Behrens bereits fünf Monate zurückliegen. „Es ist nicht so, dass kein Stürmer in letzter Zeit getroffen hat, und wichtig ist, dass die Mannschaft gewinnt, nicht wer trifft“, sagt Bjelica. Doch die Verpflichtung von Chris Bedia ist ein unmissverständliches Zeichen, dass Union im Angriff dringenden Verbesserungsbedarf sieht.
Der 1,90 Meter große Ivorer könnte schon in München erstmals zum Einsatz kommen. „Er ist auf jeden Fall eine Option für die Startformation“, sagt Bjelica, der sich an den belgischen Stürmerstar Romelu Lukaku erinnert fühlt. „Er ist nicht so robust wie Lukaku, aber ein ähnlicher Typ: Linksfuß, guter Schuss, gut mit dem Kopf, ziemlich schnell für einen Stürmer über 1,90 Meter.“
Bedia wird sicherlich ein wenig Zeit zur Eingewöhnung brauchen, aber allein seine mentale Frische könnte Union schon guttun. Denn während Behrens mit seiner Torlosigkeit sichtlich zu kämpfen hat, kommt der Neuzugang mit dem Selbstvertrauen von 17 Treffern in der Hinrunde von Servette Genf. „Er hat schon ein Tor geschossen beim Trainingsspiel am Freitag und gezeigt, was er für Qualitäten hat“, sagt Bjelica. Dass ein treffsicherer Mittelstürmer die Probleme des 1. FC Union nicht allein lösen würde, weiß auch der Trainer. Aber es wäre ein Anfang.