Wer hat hier den Ping nicht gehört?: Fliegende Bälle im Galerieraum und Weltpolitik
Asta Gröting und Ming Wong hatten das gleiche Problem. Viele Künstler haben es. Die ständige Gefahr, aus ihren Ateliers verdrängt zu werden. Bildhauerin Gröting arbeitet in den Uferhallen, ein Standort, der zwar jetzt gesichert scheint, dessen Erhalt aber jahrelang auf der Kippe stand. Konzeptkünstler Ming Wong zog vor kurzem aus seinem Atelier in Kreuzberg aus. Der neue Eigentümer hat die Mietverträge aller Künstler gekündigt.
Diese „immer kleiner werdenden Komfortzonen“ waren die Klammer ihrer gemeinsamen Ausstellung in der Galerie Carlier Gebauer. Asta Gröting mit wächsernen Miniaturabgüssen ihrer Atelierräume, ihrem „Pocketstudio“. Ming Wong mit einem Video, in dem er diese Räume, und sogar die Luft, mit der Kamera abtastet. Ein Diskurs über Raum und Sein – und die Freundschaft als Zuhause (Ausstellung „Fortune“, bis 18.11., Carlier Gebauer, Markgrafenstraße 67).
Stefan Sing vollführt ein Ballett mit Bällen
Im Rahmen der Ausstellung zeigte der Jongleur Stefan Sing eine Performance, auf Einladung von Ming Wong. Beschienen vom rötlich schimmernden Licht der Videoinstallationen tanzte Stefan Sing mit einer Flut aus weißen Bällen, die wirkten, als wären sie ein organischer Teil seines Körpers. Sing ließ sich die Bälle aus dem Mund ploppen, schickte sie zwischen seinen Gliedmaßen hin und her, später regnete es Tischtennisbälle auf die Köpfe der Besucher herab. Sing schnappte sich zwei Schläger und vollführte ein grandioses Ballett.
Ich sah es als Sinnbild fürs prekäre Künstlersein, für den Umgang mit multiplen Herausforderungen. Wäre ich im Anschluss nicht in einem Gespräch mit einer Künstlerin und einer Kuratorin aus China gelandet, wäre es dabei wohl auch geblieben. Für sie ging es hier nicht um Stadtpolitik, sondern um Weltpolitik.
Tischtennis! Eine Referenz an die sino-amerikanische Ping-Pong-Diplomatie. 1972 kam es erstmals zu einem Besuch Richard Nixons bei Mao im kommunistischen China. Den Weg dafür, so der Mythos, hatte eine Begegnung der Tischtennismannschaften beider Länder geebnet.
Ming Wong erzählt später von seinem Theaterprojekt „Rhapsody in Yellow“, bei dem er den amerikanisch-chinesischen Ideologie-Wettkampf mittels Tischtennis und klassischer Musik aus beiden Welten abklopft. Klavier-Ping-Pong sozusagen.
Welch ein Glücksfall, wenn Kunst schwierige Konstellationen genauso kompliziert belässt, wie sie sind, und doch so klug darüber spricht. Und dann auch noch mit Jonglieren und Musik.