Daniel Barenboim wird 80: Jürgen Flimm gratuliert
Jürgen Flimm war von 2010 bis 2018 an der Seite Daniel Barenboims Intendant der Berliner Staatsoper. Der 1941 geborene Regisseur machte zuerst im Sprechtheater Karriere, leitete das Kölner Schauspielhaus, das Thalia Theater Hamburg, die Ruhr Triennale und die Salzburger Festspiele. Opern inszeniert er seit 1978.
Als wir vor einigen Jahren das Schillertheater wieder eröffneten – der Berliner Senat hatte das alte Gebäude großzügig restauriert –, schnitten Daniel Barenboim und ich ein rotes Band entzwei und das Publikum strömte ins neue Haus. Wir hatten ein Fest vorbereitet, bei dem sich viele Berühmtheiten auf unserer Bühne tummelten. Gegen Ende hatte ich mit dem Publikum an meiner Applausschule gearbeitet, um ihnen klarzumachen, wie sie in den nächsten Jahren zu applaudieren hätten! Aller Arten!
Bei dem kleinen Konzert, das Barenboim zum Abschluss dem aufgeregten Auditorium auf seinem geliebten Flügel bot, war keine Aufforderung zum Applaus notwendig: Jubel, der nicht enden wollte! So kam Daniel zu mir, der ich als Conférencier am Portal lehnte: „Kann ich noch etwas spielen? Ich spiele so gern!“
Sein kluger Kopf ist immer voll Musik
Jürgen Flimm
„Solange Du willst”, sagte ich. „Was soll ich denn spielen?“ – „Das weißt Du besser.“ Zurück am Piano spielte er noch eine ganze Weile lang Lieblingsstücke von Schumann. Ja, er spielte so gerne. Sein kluger Kopf ist immer voll Musik, sein ganzes Leben lang, das nun 80 Jahre währt, ist voll Musik und nur Musik!
Das wäre nun eine lange Liste, wollte man alle seine Meisterwerke aufzählen, den „Ring des Nibelungen“, den er so liebt, sein umfassender Mozart, die Bruckner-Sinfonien, die er zuletzt in der Carnegie Hall in New York zu einem Höhepunkt geführt hat. Und mit ihm seine Staatskapelle, die ihn nun schon so lange hat, in diesen Kreisen oberster Musikpflege oder auch -verwaltung so selten wie ein Treffer im Lotto! 30 Jahre dauert diese Verbindung nun schon an, zum Ruhme der Kapelle, Barenboims und der Musik in Berlin!
Seine Schüler sollten ihm einen musikalischen Kranz binden : Simone Young, Antonio Pappano, Christian Thielemann, Sebastian Weigle, Philipp Jordan, der junge hochbegabte Thomas Guggeis, der wohl im Moment sein Meisterschüler ist, und so viele mehr!
Die Sänger sollten kommen und in einen prächtigen Choral einstimmen – ihn zu ehren, dem wir alle so viel verdanken, so viele Stunden schönster Musik, die uns in einen eigenen Bezirk der himmlischen Musen. entführte. So schöne Musik an seinem Flügel, an seinem Pult, bei den Konzerten und den vielen Opern!
Er sei wohl der beste „Tristan und Isolde“-Dirigent, sagte mir einmal Maestro Riccardo Muti, von uns allen! Und alles zumeist aus seinem genialen Kopf heraus und aus seinem mit unendlichen Noten gefüllten Herzen. Und welch ein Gründer! In Weimar rief er 1999 schon mit seinem Freund, dem klugen Edward Said, Musiker aus den arabischen und israelischen Landen zusammen als ein Friedenszeichen für den Konflikt im Nahen Osten!
Sie nannten es nach dem Islam-Liebhaber Goethe den „West-Östlichen Diwan“. Es entstand so ein beispielloses Orchester, das mittlerweile in der ganzen Welt aufspielt! Als ein ständiges Zeichen für den Frieden, so kann das sein!
Als die Staatsoper Unter den Linden renoviert wurde, konnte Barenboim einen Teil des Gebäudes hinter der Kathedrale für seinen Diwan herauslösen. Er gründete dort die Barenboim-Said- Musikakademie für junge Instrumentalisten aus dem Nahen Osten. Der geniale Architekt Frank Gehry baute ihm einen einzigartigen Konzertsaal, der ein großer Erfolg wurde! Er nannte ihn nach seinem unvergesslichen Freund und Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez.
Welch ein Leben – so viele Hüte kann man gar nicht ziehen, wie man gerne möchte! Er ist nicht nur ein vorbildlicher Musiker, sondern auch ein beispielhafter Mensch. Wie oft stand er, auch in trüben Tagen, seinen Freunden und Kollegen mit guten Worten beiseite, mit Rat und Tat! Nun muss er eine Pause machen, seine Gesundheit hat ihm einen Streich gespielt, diese Ruhe wollen wir ihm gönnen und uns freuen, wenn wir ihn bald wieder an seinem geliebten Pult stehen sehen, er seine Arme hebt und er uns beschenkt! Hoch sollst Du leben und noch viele Jahre, lieber Daniel!
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