Fünfkampf mit Humor: Statt mit Pferden springen die Athleten künftig selbst
Vielleicht etwas verfrüht, aber immer auf der Suche nach guten Nachrichten in tristen Zeiten, möchte man sofort losjubeln und „na, dann hat sich der Ärger ja gelohnt“ rufen.
Was los ist? Der Moderne Fünfkampf wird reformiert, die Disziplin Springreiten fällt nach Olympia 2024 weg. Das war lange überfällig, denn die Sportler bekamen die Pferde, die sie über die Hindernisse tragen sollten, zugelost, und das heißt: kein gemeinsames Training, kaum ein Kennenlernen – und dann raus in den Wettkampf.
Dass dieses Format die Tiere zum beliebig auswechselbaren Sportgerät degradierte, war der breiten Öffentlichkeit, dem Internationalen Olympischen Komitee und dem zuständigen Weltverband so lange schnurz, bis Annika Schleu 2021 bei den Sommerspielen in Tokio ein Pferd zugelost bekam, dass im Parcours verweigerte, weshalb sie ihm heulend und von ihrer Trainerin angetrieben, mehrfach mit der Gerte auf den Hintern schlug.
Geholfen hat es ihr in der Arena nichts, Schleus Goldmedaillenhoffnung löste sich in Luft auf, dafür ging es dann jenseits der Stadien rund. Schleu wurde als Tierquälerin gebrandmarkt, der Tierschutzbund entblödete sich nicht, eine Anzeige zu stellen, die ganze Welt wusste plötzlich beim Thema Reiten hervorragend Bescheid und trötete Meinungen und vor allem Schmähungen in die sozialen Medien – und irgendwann schlug die Empörungswelle so massiv über dem Weltverband zusammen, dass der handelte.
Reitsport werde gestrichen, hieß es schon im Herbst 2021, doch was an dessen Stelle kommen sollte, blieb ungewiss. Bis jetzt. Nun steht fest: Ein Hindernisparcours, neudeutsch Obstacle Race, wird ab 2024 die Disziplinen Pistolenschießen, Degenfechten, Schwimmen und Querfeldeinlauf ergänzen. Ist das nicht schön?
Damit hat der Weltverband regelrecht Humor bewiesen. Schließlich müssen die Sportler nun künftig selbst über die hingestellten Hürden springen. Und wer es tiefenpsychologisch mag, könnte sogar zu dem Schluss kommen, diese fundamentale Grundsatzwende komme einer Entschuldigung bei den Pferden gleich.
Hindernisparcours klingt nach Trommelwirbel und Bauchklatscher
Hindernisparcours klingt zudem in den Ohren des versierten TV-Publikums wie die Ankündigung einer neuen Samstagabendprivatsendershow mit Trommelwirbel, Lichtorgel, Bauchklatschern und Moderatorengejohle. Nicht unwahrscheinlich also, dass Fünfkämpfer demnächst Olympias Klamaukkönige sind.
Darüber hinaus ist an der neuen Lage zwar zu bedauern, dass das alles nicht sofort in Kraft tritt, und dass noch nicht vermeldet wurde, wie der offizielle Dank an Annika Schleu und ihr renitentes Pferd von 2021 ausfallen wird – aber zugleich ist zu begrüßen, dass hier ein behäbiger Weltsportverband Kritik gehört und reagiert hat.
Das lässt hoffen. Denn bisher ist der institutionalisierte Sport nicht gerade durch Lernschnelligkeit aufgefallen. Möge besonders die Fifa sich daran ein Beispiel nehmen. Zur Not mit Humor.
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