Cellowettbewerb Emanuel Feuermann in Berlin: Meisterschaft und Menschlichkeit

Für die Kronberg Academy gibt es in diesem Jahr eine Menge Gründe zum Feiern: Zunächst ist da der 120. Geburtstag des genialen Cellisten Emmanuel Feuermann, Namenspatron des Grand Prix Emanuel Feuermann, der alle vier Jahre von der Academy und der Berliner Universität der Künste verliehen wird. Er gehört zu den bedeutendsten Preisen für Cellist:innen weltweit. Dieses Jahr findet der Wettbewerb, erstmals seit 2014, wieder statt, und zwar vom 15. bis 22. November in Berlin. Dann ist da noch die Einweihung des Casals Forum in Kronberg im September, mit dem die Akademie ihren ersten eigenen Konzertsaal inklusive Studienzentrum eröffnet hat.

Der Nonelpreis der Künste

Und schließlich konnte sich die die Kronberg Academy auch noch darüber freuen, mit dem Nachwuchspreis des japanischen Praemium Imperiale ausgezeichnet zu werden, dem „Nobelpreis der Künste“. Die Japan Art Association begründete ihre Entscheidung damit, dass die Akademie außergewöhnlich begabten Nachwuchsmusiker:innen und Solist:innen aus der ganzen Welt eine hochkarätige Zusatzausbildung ermögliche.

Dieses hohe Renommee hat sich die Kronberg Academy über viele Jahre mit der engagierten Förderung junger Cello-, Geigen- und Bratschen-Talente erarbeitet, die in ihrem Studium von den großen Künstler:innen ihres Faches ausgebildet werden, darunter Gidon Kremer, Sir András Schiff, Tabea Zimmermann oder Yuri Bashmet. Regelmäßige Konzerte und Festivals lassen die Öffentlichkeit an den Leistungen der Studierenden teilhaben. Bis dato haben rund 3500 Absolvent:innen die Meisterkurse und Studiengänge der Akademie besucht.

Ursprünglich lag der Fokus gänzlich auf dem Cello. 1993 hatte Cellist Raimund Trenkler die „Internationale Kammermusik-Akademie Kronberg“ im Taunus ins Leben gerufen, um einen Ort für Nachwuchstalente zu schaffen. Leitend für ihn war dabei eine Rede des großen Cellisten Pablo Casals, der 1958 in der Vollversammlung der Vereinten Nationen alle Musiker:innen dazu aufgerufen hatte, ihre Kunst „in den Dienst der Menschheit zu stellen“. „Die Haltung des Cellisten und des Menschen Pablo Casals hat mich schon immer sehr fasziniert“, sagt Trenkler, der bis heute Geschäftsführer und künstlerischer Leiter der Akademie ist. „Deshalb wollte ich die Kronberg Academy in diesem Geist aufbauen.“

Es darf nicht um Auftritte um jeden Preis für die schnelle Karriere gehen.

Friedemann Eichhorn, Kronberg Academy

Die Werte Menschlichkeit und Nachhaltigkeit spielen eine wichtige Rolle innerhalb der Ausbildung: „Es darf nicht um ‚Auftritte um jeden Preis’ für eine schnelle Karriere gehen“, sagt Friedemann Eichhorn, Direktor der Studiengänge an der Kronberg Academy. Musik dürfe nicht mit Leistungssport verwechselt werden, sagt auch Trenkler: „Wir dürfen die jungen Menschen nicht ‚verschleißen’ – und sie sich selbst natürlich auch nicht, nur weil sie schon sehr gefragt sind.“

Auch die Natur ist ein leitender Gedanke

Nicht nur der vernünftige Umgang mit Menschen, sondern auch mit der Natur ist ein leitender Gedanke für Trenkler und sein Team. Das kürzlich eröffnete Casals Forum ist laut Kronberg Academy der europaweit erste Konzertsaal, der klimaneutral betrieben werden kann. Möglich machen es Ökostrom, zwei Wärmepumpen und ein sogenannter „Eis-Akku“ im Keller, der als Zwischenspeicher dient. Das Gebäude, dessen runde Form einer Amöbe nachempfunden ist, wurde vom Berliner Architekt Volker Staab entworfen und fasst 550 Sitzplätze.

Daniel Barenboim mit dem Gewinner von 2002, Danjulo Ishizaka, in Berlin.
Daniel Barenboim mit dem Gewinner von 2002, Danjulo Ishizaka, in Berlin.
© Lutz Sternstein

Für Kronberg mit seinen rund 18.000 Einwohner:innen ist die Kronberg Academy seit langem ein Teil der kulturellen Identität. Sie wissen es zu schätzen, dass sich das idyllische hessische Städtchen regelmäßig zu einer internationalen Spielstätte für hochkarätige Musiker:innen verwandelt. Die Kronberger:innen stellen den Großteil der rund 1250 Mitglieder des Fördervereins „Freunde und Förderer der Kronberg Academy e.V.“ und sind häufig Gasteltern für die jungen Streicher:innen aus aller Welt, die zu Workshops und Konzerten in die Stadt kommen.

Auch in Berlin ist die Kronberg Academy durch den Grand Prix Emanuel Feuermann seit 2002 fest verankert. Raimund Trenkler hatte den Wettbewerb zum 100. Geburtstag des Cellisten ins Leben gerufen, der zwischen 1929 und 1933 zu den angesehensten Musikprofessoren Berlins gehörte. Ein Jahrhundert später ist er fast in Vergessenheit geraten, doch Cello-Expert:innen schwärmen bis heute davon, wie meisterhaft Feuermann auf seinem Instrument Virtuosität und Leichtigkeit miteinander verband.

1902 in Galizien geboren, stand das Wunderkind zunächst im Schatten seines ebenfalls hochbegabten älteren Bruders. Schon bald konnte der junge Emanuel ihn jedoch überflügeln. Mit nur 16 Jahren wurde er Leiter der Cello-Klasse am Gürzenicher Konservatorium in Köln, obwohl er jünger war als die meisten Schüler. Ab 1928 unterrichtete er als jüngster Professor an der Berliner Hochschule für Musik, wurde aber 1933 als „untragbarer Jude“ entlassen, allen Protesten seiner Schüler:innen zum Trotz. Nach einigen erfolgreichen Konzertreisen rund um die ganze Welt emigrierte er in die USA, wo sein virtuoses Spiel ebenfalls viele Kritiker:innen begeisterte. Weiterer Ruhm blieb ihm verwehrt. 1942 starb Emanuel Feuermann mit nur 39 Jahren an den Folgen einer Routineoperation. Viele große Musiker:innen halten ihn bis heute in Ehren, so auch Daniel Barenboim, Schirmherr des Grand Prix Emanuel Feuermann: „Ich hoffe, dass dieser Wettbewerb bei jungen Cellisten etwas von dem wach ruft, was Emanuel Feuermann an musikalischem Geist in die Welt brachte.“

Es ist das erste Mal seit acht Jahren, dass der Grand Prix wieder stattfindet. Nach 2014 hatte sich die Kronberg Academy entschieden, den Wettbewerb nicht mehr alle vier Jahre zu veranstalten, sondern nur noch alle sechs. Der nächste Grand Prix wäre daher 2020 gewesen, musste jedoch pandemiebedingt ausfallen. Am 16. November ist es wieder soweit. Zwölf junge Musiker:innen aus elf Ländern werden sich in drei Wettbewerbskonzerten beweisen müssen, auf dem Programm stehen unter anderem Beethoven, Mozart, Elgar und Schostakowitsch. Der erste Preis ist mit 15.000 Euro dotiert, der zweite mit 10.000, der dritte mit 5000 Euro.

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