Bruckner-Festtage im Berliner Dom: Dem Himmel so nah
Anton Bruckner ist sein Hausgott. Robert Reimer verehrt den österreichischen Komponisten. Schon mit Mitte Zwanzig, da hatte er gerade seinen Studienabschluss in der Tasche, dirigierte er Bruckners neunte Sinfonie. In einem Anfall von jugendlichem Größenwahn, wie er heute lachend zugibt.
Drei Jahrzehnte später fühlt Robert Reimer, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, um ein eigenes Bruckner-Festival zu gründen. Er hat die nötige Erfahrung gesammelt, künstlerische Reife erreicht – es fehlte einzig der geeignete Ort. Den er schließlich in Berlin fand: Der Dom am Lustgarten sollte es sein, der hoch aufragende Kuppelbau aus wilhelminischer Zeit.
Aus Frankreich kommt der Organist Frédéric Ledroit
Der 1824 geborene Anton Bruckner war ein zutiefst religiöser Mensch, seine Zeitgenossen bewunderten besonders seine Fähigkeiten, auf der Orgel zu improvisieren. Darum beginnen Reimers „Bruckner-Festtage“ am 8. November auch mit einem Orgelkonzert. Frédéric Ledroit wird neben Werken Bruckners auch Stücke der französischen Komponisten Charles-Marie Widor und César Franck spielen. Die gigantischen Dimensionen der Berliner Dom-Orgel dürften Ledroit nicht allzu sehr beeindrucken, ist er doch an der Kathedrale von Angoulême tätig, einer der ganz großen Kirchen Frankreichs.
Der 9. November beginnt vormittags mit einem Symposium zu Leben und Werk Bruckners. Wobei es nicht streng wissenschaftlich zugehen soll, wie Robert Reimer betont: Er möchte sich dann (bei freiem Eintritt) mit anderen Menschen, die den Komponisten ebenso leben wie er, über dessen Bedeutung für die Musikgeschichte austauschen.
Abends greift der Festivalmacher zum Taktstock, um die Berliner Symphoniker durch Bruckners 1. Sinfonie zu leiten. Außerdem stehen drei orchestrale Miniaturen auf dem Programm, Fingerübungen des jungen Tonsetzers aus der Zeit, als er noch auf der Suche nach seinem individuellen Stil war. Weil Reimer langfristig denkt, in den kommenden Jahren sämtliche Sinfonien Bruckners bei seinen Festtagen aufführen will, gehören die Frühwerke aber unbedingt in der Eröffnungs-Edition dazu.
Dass der Berliner Dom eine heikle Akustik hat, ist dem Dirigenten bewusst. Doch er will sie mit demselben Kniff meistern wie sein Kollege Christian Thielemann, als der hier 2019 mit den Wiener Philharmonikern Bruckners Zweite aufführte: Thielemann ging mit maximaler Zurückhaltung vor, dosierte die Dynamik sparsam, wählt die Tempi bewusst langsam. Und so wurde alles, was zart orchestriert ist, in ein wunderbar warmes Licht getaucht, atmete geradezu himmlische Süße.
Die Bruckner-Festtage im Berliner Dom finden am 8. und 9. November statt. Die Konzerte beginnen um 20 Uhr.
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