Wie die DDR die Tanzmusik kontrollierte : Ein Theaterstück über die Lauchhammer-Konferenz von 1959

Am 13. Januar 1959 versammelte sich in Lauchammer, einem Industriestädtchen in der Lausitz, ein buntes Volk: Schlagertexter, Komponisten, Sänger und Kulturfunktionäre waren von der SED zur „ersten Tanzmusikkonferenz“ der DDR eingeladen wurden. Das Ziel: die darbende Unterhaltungskultur der sozialistischen Republik auf Vordermann zu bringen.

Der sogenannten westlichen Dekadenz sollte Paroli geboten und zur Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten beigetragen werden können: mit dem Lipsi, einem neu geschaffenen Tanz, der den westlichen Tanzstilen Rock ’n’ Roll, Twist oder Boogie-Woogie ein Ende bereiten sollte.

Die Jugend der DDR würde sich von nun an nach anständigen, gewissermaßen sozialistischen Rhythmen bewegen.

Ein absurd anmutender Stoff, wie geschaffen auch fürs Theater, fürs TD Berlin. Janette Mickan vom Berliner Theaterkollektiv „Lunatiks“ und der Historiker Lothar Berndorff haben die verschollenen geglaubten Akten dieser Tanz-Konferenz im Archiv der Akademie der Künste Berlin gesichtet, ausgewertet und in ein Theaterstück über den Zusammenhang von politischem Bewusstsein und Populärkultur verwandelt. „Die Lauchhammer Files“..

Und die – zeitlos – spannenden Fragen gestellt: Lässt sich Musik vermessen? Ist ihre Wirkung planbar? Kann sie unser politisches Bewusstsein verändern?

„In gewisser Weise ist das Beispiel der DDR Tanzmusik und sind die Akten der Lauchhammer Konferenz beispielhaft für fast alle wesentlichen Fragen der DDR-Kulturpolitik und der sozialistischen Vision“, sagt Mickan.

Man spüre einerseits einen unbedingten Glauben an Fortschritt und Freiheit, der in den Gründungsjahren sehr viele Menschen, insbesondere Künstler*innen und Intellektuelle überzeugt hat, dass es sich um das bessere System handelt. „Andererseits werden hier auch die Grundsteine gelegt für Kontrolle und Restriktion, die das System am Ende scheitern ließen.“

Bekannt ist zum Beispiel die 60:40 Verordnung, die vorschrieb, welche Musik in der DDR auf öffentlichen Veranstaltungen und im Radio laufen soll.

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In einer dokufiktionalen Rekonstruktion treffen nun die historischen Figuren aus dieser Zeit auf die Realität von heute. Eine Live-Band stimmt dazu den Sound von Lauchhammer an und prüft dessen Funktionalität im direkten Austausch mit dem Publikum.

„Die Lauchhammer Files“ blicken dabei auch nach vorne. Was könnte eine solche Konferenz heute auslösen? Und welche Verantwortung tragen Künstler*innen in einer Demokratie, die unter Druck steht?