Unions Kapitän Trimmel im Abstiegskampf: „Es ist wichtig, nicht nur laut zu werden“
Am Mittwoch wurde es laut auf dem Trainingsplatz beim 1. FC Union. Bei einer Übung gab es wohl ein paar Ballverluste zu viel und plötzlich schrie Trainer Nenad Bjelica seine Spieler an. Kein besonders schöner Tag im Büro also. Doch als Christopher Trimmel eine knappe Stunde später den Presseraum im Stadion an der Alten Försterei betrat, war er die Ruhe selbst.
„Erstens fand ich es gut, dass der Trainer lauter geworden ist. Das spricht vom Ehrgeiz und davon, dass wir erkennen, in welcher Lage wir sind“, sagte Unions Kapitän, der in der Szene kein großes Problem erkennen wollte. „Die Stimmung in der Kabine ist gut. Auf dem Feld sind wir konzentriert.“
Alles halb so wild also. Und dennoch hatte es wohl seine Gründe, warum ausgerechnet Trimmel in dieser Woche vor die Presse trat. Der langjährige Spielführer ist eben einer, der in Drucksituationen für ein bisschen Ruhe sorgen kann. Ein Anführer. Ein Kommunikator. Ein Diplomat.
Das braucht Union im Moment. Denn nicht nur am Mittwoch hat sich gezeigt, dass die Nerven teilweise blank liegen. Auch in den letzten Heimspielen gab es immer wieder Momente, wo es krachte. Gegen Leverkusen war es ein emotionales Wortgefecht zwischen Kevin Vogt und Josip Juranovic, gegen Bayern das gegenseitige Meckern unter den aufwärmenden Einwechselspielern. Tiefe Risse müssen das nicht sein, denn ein bisschen Streit gehört im Fußball ja immer dazu. Doch es wirkt zumindest so, als ob der Druck des Abstiegskampfs aktuell schwer wiegt.
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Punkte beträgt der Vorsprung Unions auf den Relegationsplatz.
Vor dem Spiel in Mönchengladbach am kommenden Sonntag beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz nur noch zwei Punkte. Und mit Gladbach, Bochum und Köln stehen nun drei Spiele gegen direkte Konkurrenten an. „Ich mag solche Spiele“, sagte Trimmel optimistisch. „Und ich finde es gut, dass wir es immer noch in der eigenen Hand haben. Das ist eine Luxussituation.“
Dennoch ist gerade eine offene und ehrliche Kommunikation gefragt, um Union aus der Misere zu führen. Am Sonntag nach dem Spiel gegen Bayern wurde die Mannschaft zum jährlichen Abendessen mit dem Präsidium eingeladen, wo die aktuellen Probleme besprochen werden konnten. Auch mit der Fanszene stehe der Kapitän in Kontakt. Das Gute an Union sei, dass jeder immer helfen wolle.
Wir haben genug Typen auf dem Feld, die es in die Hand nehmen sollten.
Christopher Trimmel, Kapitän des 1. FC Union
Auf das kuschelige Union-Gefühl kann man sich im Abstiegskampf aber nur bedingt verlassen. Am Ende muss die Mannschaft liefern, und da sieht Trimmel vor allem die erfahrenen Spieler wie sich selbst, Kevin Vogt, Rani Khedira und Danilho Doekhi in der Pflicht. „Wir haben genug Typen auf dem Feld, die es in die Hand nehmen sollten.“
Trimmel stellt eigene Zukunftspläne bei Union zurück
Für Trimmel selbst bedeutet das auch die Rolle des staatsmännischen Ruhepols. Am Mittwoch klang er zeitweise fast wie ein Regierungschef, der die Risse in seinem Kabinett wieder heilen wolle. „Es gab natürlich in den letzten Wochen die eine oder andere Situation, wo ich ein bisschen aus meiner Haut rausgefahren bin. Aber speziell in solchen Phasen ist es nicht nur wichtig, einfach laut zu werden. Ich bin eher der Typ, der es ruhiger angeht.“
Um für möglichst viel Ruhe zu sorgen, legt der Kapitän sogar seine eigene Zukunft erst einmal auf Eis. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, Stand jetzt ist es noch unklar, ob der Fan-Liebling auch eine elfte Saison in Köpenick bleibt. Er mache sich aber aktuell keinen Stress, meint der 37-Jährige. „Ich wollte in so einer kritischen Phase nicht mit Verhandlungen beginnen. Es gibt andere Spieler, wo es vielleicht mehr Redebedarf gibt. Für Oli Ruhnert ist es auch schwierig, weil er aktuell für zwei Ligen planen muss. Ich bleibe absolut ruhig, was meine Zukunft betrifft.“
Gebrauchen kann ihn Union auf jeden Fall, egal in welcher Liga man im nächsten Jahr auch spielt. Nicht nur als Kabinendiplomat, sondern auch als jemand, der mit gutem Beispiel vorangeht, auf diese Weise hat Trimmel zuletzt wieder seine Qualitäten gezeigt. Nicht zum ersten Mal hat er in den letzten Wochen seine Leistungen plötzlich gesteigert, um seinen gefährdeten Platz in der Startelf zurückzuerobern und sein Team tatsächlich auf dem Platz führen zu können.
Die Situation mag jetzt eine andere sein, doch Trimmel macht eben, was Trimmel schon seit 2014 macht. Er kämpft, er arbeitet, er nimmt die Herausforderung an. Und er sorgt, wie eigentlich immer, für ein bisschen Ruhe.