Umstrittener Investor: Aufregung um 777 Partners überschattet Dardai-Abschied
Auf dieses Highlight müssen Hertha-Fans und interessierte Berlin-Besucher verzichten. Pal Dardai wird natürlich nicht in einem imaginären Hertha-Museum den Touristen-Führer spielen. Der Scherz der als Trainer nun schon zum dritten Mal scheidenden Club-Ikone machte aber deutlich, was dem Berliner Fußball-Zweitligisten künftig ganz sicher fehlen wird: Ein Original, das mit Berliner Schnauze und unverändert ungarischem Akzent ein Seismograf für Stimmung und Stimmungen ist. Und mit einem lockeren Spruch ganz einfach mal von unangenehmen Dingen ablenken kann.
„Wir werden ein Museum machen. Ich werde den Gästen alles zeigen. Dafür werde ich gut bezahlt“, sagte Dardai nach dem sportlich ziemlich dürftigen Saisonabschluss beim 1:2 beim Absteiger VfL Osnabrück zu seinem künftigen Hertha-Job. Mit ein paar Worten hatte der 48-Jährige nicht nur alle Lacher auf seiner Seite, sondern auch die aufflammende Debatte, was denn nun aus ihm werden wird bei der Hertha und wie die Berliner diese Personalie geschickt moderieren können, zumindest vorübergehend gestoppt.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
In der ersten Reihe wird Pal Dardai erstmal nicht mehr stehen. Für Kommentare jeder Art werden andere zuständig sein. Der künftige Trainer muss sich von seinem Vorgänger emanzipieren. Nürnbergs Christian Fiel soll Favorit der Hertha-Leitung sein, Markus Gisdol hält sich als Name, den der Investor 777 Partners präferieren soll. Der Auftrag ist jedenfalls klar: Bundesliga-Aufstieg. Wofür es nach Platz neun mit viel zu vielen Gegentoren (59) einer Erneuerung der Defensivstruktur bedarf.
777 Partners steht stark in der Kritik
Die Hertha wäre nicht sie selbst, wenn die sportlichen Herausforderungen die einzigen wären. Die Hertha ist und bleibt in vielen Bereichen eine Dauerbaustelle. Die Lizenzauflagen sollten in dieser Woche fristgerecht zu erfüllen sein. Aber die Situation von Investor 777 Partners, dem bei seinen Geschäften in Belgien, Brasilien und England zuletzt diverse Probleme nachgesagt worden, beschäftigt den Klub auf vielen Ebenen.
„777 ist an sich insolvent. Es hat kein Geld mehr und versucht aktuell die vorhandenen Assets zu transferieren oder zu verkaufen, um am Leben zu bleiben“, wird der englische Journalist Paul Brown im Deutschlandfunk zitiert. Zusammen mit Philippe Auclair hat er für das Portal „Josimar“ zum Fall von 777 Partners recherchiert.
„Die aktuellen Entwicklungen rund um 777 Partners verdeutlichen, dass dieser Anteilseigner ebenso wie Vorgänger Lars Windhorst ein toxischer Akteur für den Fußball und ein brandgefahrlicher Partner ist“, hieß es in einer Mitteilung des Fanclubs Harlekins Berlin 98 am Wochenende. Das Ultra-Bündnis sieht sich in der Verantwortung, das Erbe des im Januar gestorbenen Präsidenten Kay Bernstein bei der Hertha nicht durch den Alltag des Profigeschäfts wieder schwinden zu sehen. Die Mitgliederversammlung am Sonntag wird ein Stimmungsbild geben, wie sehr es an der Basis brodelt.
Dardai wird dann schon am Plattensee sein. Sommerurlaub in der Heimat, wie jedes Jahr mit gutem Rotwein und Fleisch vom Grill, bevor er mit Ehefrau Monika zum EM-Touristen und Fan von Sohn Marton wird, der für Ungarn nominiert wurde. Dardai darf dann einfach stolzer Papa sein.
Nach den Rauswürfen 2019 und 2021 scheint ihn die dritte Demission nicht so hart zu treffen. „Hertha BSC ist meine Familie. Ich bin seit 30 Jahren hier, kenne jeden Grashalm auf diesem Gelände. Wir haben in dieser Saison zusammen etwas aufgebaut, darauf bin ich stolz. Eines wird sich nie ändern: Ich bin Herthaner, ich bleibe Herthaner, und ich wünsche diesem Verein nur das Beste!“, wurde er in einer Club-Mitteilung zitiert – selten dürften diese bei Trennungen oftmals vorgefertigten Sätze der Wahrheit so nahe gekommen sein. (Tsp/dpa)