Trotz Begeisterung kein Applaus: Der Goalball Nations Cup ist zurück in Berlin
Bälle, die mit bis zu 80 Stundenkilometern geschleudert werden, Spieler:innen, die den Ball mit absoluter Präzision übers Spielfeld schmettern, obwohl sie ihn nicht sehen können und absolute Stille in der Halle. Das kann nur eins bedeuten: Goalball ist zurück in Berlin. Von Freitag bis Sonntag findet in der Sporthalle des Schul- und Leistungssportzentrums in Hohenschönhausen der Goalball Nations Cup statt. Für das letzte große Turnier vor der Weltmeisterschaft im Dezember treffen sich die besten Männer- und Frauenteams in der Hauptstadt.
Goalball ist eine der weltweit am weitesten verbreiteten Ballsportarten für Menschen mit Seheinschränkung. Die Spieler und Spielerinnen müssen über ein geschultes Gehör, eine ausgeprägte Orientierungsfähigkeit und gute Intuition verfügen, um Angriffe abzuwehren und binnen Sekunden den Gegenangriff einzuleiten. Dabei antizpieren sie die Geschwindigkeit und die Bewegungsausrichtung des Goalballs lediglich mit Hilfe eines Glöckchens im Ballinnern.
Am Freitag beginnt das Turnier. Von Euphorie vor einem so großen Event ist Organisator und Spieler Michael Dennis aber noch weit entfernt. „Für mich ist gerade noch viel zu tun, ich musste kurzfristig ein neues Busunternehmen finden. Aber es hat funktioniert“, sagt Dennis. „Entspannen werde ich aber erst, wenn alle im Hotel sind.“ Trotz des üblichen Last-Minute-Stress blickt der 29-Jährige mit großer Vorfreude auf das Turnier. Es sei ein Kräftemessen auf höchstem Niveau und man könne sich auf die besten Goalballer:innen der Welt freuen.
Ein Weiterkommen im Viertelfinale wäre schon ein großer Erfolg.
Michael Dennis
Eine Premiere, denn in den letzten Jahren war das Turnier eine reine Männerveranstaltung. Dagegen haben sich in diesem Jahr neben den deutschen Frauen auch die Vize-Paralympics-Siegerinnen aus den USA und die Brasilianerinnen als WM-Dritte von 2018 angemeldet. Für das deutsche Team ist das Kräftemessen mit absoluten Topteams eine wertvolle Erfahrung, da es sich selbst noch in der Findungsphase nach einem Umbruch befindet. Dennis blickt angesichts der starken Konkurrenz realistisch auf die Chancen des deutschen Teams: „Viertelfinale spielen sie auf jeden Fall und dann kommt es ein bisschen darauf an, auf wen man trifft. Ein Weiterkommen dort wäre schon ein großer Erfolg.“
Brasilien ist bei den Männern der Topfavorit auf den Sieg
Im Männer-Wettbewerb gehen zwölf Mannschaften an den Start. Inklusive der Top Fünf der letzten Weltmeisterschaft vor vier Jahren. Unter anderem Gastgeber Deutschland, der aktuelle Europameister Litauen sowie Paralympics-Sieger und Weltmeister Brasilien. Der Zeitpunkt des Turniers sei eine wirklich gute Standortbestimmung für die Weltmeisterschaft, sagt Dennis. Auch wenn sowohl für den Goalball Nations Cup als auch für die Weltmeisterschaft die Favoritenrolle bereits verteilt sei. „Wenn Brasilien nicht Weltmeister wird, ist es eine Überraschung. Die haben seit acht Jahren nur drei Spiele verloren“, sagt Dennis.
Der zweifache Paralympics-Teilnehmer wäre beinahe selbst nicht zum Goalball gekommen. „Ich bin einmal zum Training gegangen und dachte danach, da gehe ich nie wieder hin, weil ich direkt Medizinball-Training machen musste.“ Dann sei er aber trotzdem wieder hin, weil es in der Gruppe einfach großen Spaß gemacht habe. Neben dem Gemeinschaftsgefühl habe sich dann auch recht fix der sportliche Erfolg eingestellt und er sei, im wahrsten Sinne des Wortes, am Ball geblieben. „Hat sich auch gelohnt, würde ich mal sagen.“
Nach dem Turnier geht es für die Mannschaft direkt in die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Portugal. Dort soll es mindestens fürs Viertelfinale reichen. „Und in einem Viertelfinale kann alles passieren. Man braucht die richtigen Gegner und ein bisschen Glück“, zeigt sich Dennis zuversichtlich. Sein Fokus dürfte jetzt aber erstmal auf dem anstehenden Turnier in Berlin liegen.
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