Heimspiel gegen Schalke 04: Auf Hertha BSC kommt eine besondere Herausforderung zu
Sandro Schwarz lebt im Hier und Jetzt, die Vergangenheit interessiert ihn nicht. Das hat der Trainer von Hertha BSC oft genug gesagt.
Als er im Sommer seine Tätigkeit in Berlin aufgenommen hat, hat er das als Stunde null für sich und seine Spieler verstanden. Was davor war, all die Querelen, Probleme, Turbulenzen, das dürfe keine Rolle mehr spielen.
Schwarz hat das eisern durchgehalten. Bis zu dieser Woche. Da hat ihn die Vergangenheit doch noch eingeholt. Die Vergangenheit von Schalke 04.
Die Schalker sind an diesem Sonntag (17.30 Uhr, live bei Dazn) Herthas Gegner in der Fußball-Bundesliga. Auf den ersten Blick ist das eine dankbare Aufgabe. Der Aufsteiger hat die jüngsten vier Ligaspiele allesamt verloren, er ist in der Tabelle auf Platz 17 abgestürzt und hat zudem unter der Woche auch im Pokal, beim 1:5 in Hoffenheim, eine heftige Klatsche kassiert.
Genau das aber könnte für Schwarz und Hertha ein Problem sein. Denn nach dieser Niederlage haben sich die Schalker von ihrem Trainer Frank Kramer getrennt.
Sein Nachfolger, ein gewisser Matthias Kreutzer, ist bisher ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. „Wir wissen nicht genau, aus welcher Formation der Trainer agieren wird“, sagt Schwarz.
Kreutzer, 39 Jahre alt, hat bisher vor allem in der zweiten Reihe gewirkt. Er war Videoanalyst und Co-Trainer und hat nach eigener Aussage keinerlei Ambition auf den Chefposten bei S04. Immerhin ist schon länger für die Schalker tätig. Im Frühjahr war er als Assistent von Interimstrainer Mike Büskens zumindest mittelbar am Wiederaufstieg des Klubs beteiligt.
„Wir wissen schon, wie sie letztes Jahr agiert haben“, sagt Sandro Schwarz. Deshalb hat er sich als Vorbereitung auf das Duell am Sonntag „das eine oder andere Spiel“ der Schalker aus der vergangenen Saison angeschaut, vor allem mit Blick auf mögliche taktische Verhaltensweisen.
Ich habe da schon was im Kopf, was uns gut zu Gesicht stehen könnte.
Matthias Kreutzer, Interimstrainer von Schalke 04
Denn personell ist die Schalker Mannschaft inzwischen eine andere. Eine, die arge Probleme hat: sowohl vorne (zweitschwächster Angriff) wie hinten (zweitschwächste Abwehr). Hertha ist daher, obwohl nur zwei Punkte und zwei Plätze besser, klarer Favorit in diesem Spiel. Zum ersten Mal in dieser Saison.
„Wer uns in den vergangenen Wochen beobachtet hat, weiß, dass wir nie als krasser Außenseiter in ein Spiel gegangen sind. Das haben wir nie thematisiert“, sagt Trainer Schwarz. „Wir thematisieren das jetzt auch nicht. Das spielt keine Rolle.“ Ob das wirklich so ist, das sei mal dahingestellt. Denn die Konstellation des Spiels könnte sich für Hertha durchaus als herausfordernd erweisen.
Schwarz und seine Mannschaft haben zuletzt – trotz zum Teil unbefriedigender Ergebnisse – viel Lob abbekommen. Es ist wieder ein Plan zu erkennen, eine Handschrift des Trainers, eine Struktur. Hertha ist schwer zu bespielen, weil die Mannschaft diszipliniert verteidigt und aus dieser kompakten Defensive mit ihren schnellen Offensivspielern gefährlich umzuschalten versteht.
Hertha BSC wird selbst das Spiel machen müssen
Natürlich ist das auch dem früheren Videoanalysten Matthias Kreutzer nicht entgangen. „Ihre Stärke ist: Sie sind sehr gut organisiert und spielen auf Konter. Das ist sehr deutlich“, sagt Schalkes Interimstrainer über die Berliner. Diese Stärke müsse man neutralisieren. „Ich habe da schon was im Kopf, was uns gut zu Gesicht stehen könnte“, erklärt Kreutzer.
Der Plan dürfte nicht darin bestehen, mit Mann und Maus zu stürmen und den Berlinern damit die Räume zu öffnen, die sie für ihr bevorzugtes Spiel benötigen. Im Gegenteil. Die Schalker werden ihrerseits um maximale Kompaktheit bemüht sein und Hertha großzügigerweise die Gestaltung des Spiels überlassen.
Agieren statt reagieren: Darauf werden sich Sandro Schwarz und sein Team einstellen müssen. Ob sie es können?
Ein Schwerpunkt in der Trainingswoche waren der Spielaufbau, das Raumverhalten, der präzise erste Pass sowie der präzise letzte und vorletzte Pass. Wahrscheinlich ist auch, dass Schwarz sein System umstellt, vom 4-3-3 auf ein 4-4-2 respektive 4-2-3-1.
Ivan Sunjic, ein Sechser mit ausschließlich defensivem Jobprofil, bleibt wohl draußen, stattdessen hätte Schwarz mit Stevan Jovetic und Wilfried Kanga erstmals zwei zentrale Stürmer in der Startelf. Wobei Jovetic eher ein Grenzgänger zwischen Neun und Zehn ist.
„Joves Freund ist der Ball“, sagt Herthas Sportchef Fredi Bobic. Genau diese Freundschaft kann sich für Hertha in den engen Räumen am und im Schalker Strafraum durchaus hilfreich sein.
Sandro Schwarz hat natürlich noch nicht offiziell verkündet, dass er am Sonntag sein System umstellen wird. Aber einiges spricht dafür, dass die Berliner in der Formation, taktisch wie personell, beginnen werden, mit der sie vor einer Woche in Leipzig in der zweiten Halbzeit gespielt haben: als sie 0:3 zurücklagen und sich trotzdem an der Wende versuchten.
„Du hast einen Spieler mehr für den Tiefgang“, sagt Schwarz über das System mit zwei zentralen Stürmern. „Beim 4-3-3 hast du das Zentrum einen Tick kompakter gegen den Ball.“
Aber gegen den Ball wird Hertha am Sonntag wohl deutlich seltener spielen, als es sonst der Fall ist. Entscheidend ist mit dem Ball.
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