Stadt, Land, Jubel: Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb beginnt
Der österreichische „Standard“ hat dieser Tage mehrere Autoren und Autorinnen gefragt, wie sie im Nachhinein ihre Teilnahme am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb bewerten und ob sie wieder teilnehmen würden. Dabei antwortete der Bachmannpreis-Gewinner des Jahres 2019, Ferdinand Schmalz auf die Frage, was denn das Lustigste bei seiner Teilnahme gewesen sei, mit diesen Worten: „Zu sehen, wie diese Stadt den Preis lebt. Ich kann mich noch erinnern, dass am Tag nach der Verleihung Autos an der Straße stehen geblieben sind, wenn sie mich gesehen haben, und begonnen haben zu hupen.
Einer hat sogar aus dem Auto geschrien: „Da ist er, der Steirer!“ Das ist schon etwas verrückt gewesen. Und nix für Paranoikerinnen und Paranoiker!“
Wer selbst einmal da war, dürfte auch erlebt haben, dass die Stadt durchaus im Zeichen der Literatur steht. Zwar nicht durchweg, wie man beispielsweise draußen am Wörthersee sehen kann (obwohl erstaunlich ist, wieviel Menschen hier noch mit Büchern oder Printzeitungen auf den Wiesen liegen), aber doch etwa am Lendkanal, wo man draußen die Lesungen verfolgen kann, oder vor den verschiedenen Buchhandlungen der Stadt.
Ferdinand Schmalz wurde angehupt
Nur ob auch noch andere Autoren oder Autorinnen so wie Schmalz angehupt wurden, dürfte doch eher fraglich sein. Denn soviel Strahlkraft der Wettbewerb nicht zuletzt durch die viertägige Liveübertragung auf 3 Sat haben mag – besonders bekannt, sagen wir: bekannt wie Daniel Kehlmann oder Elfriede Jelinek, sagen wir: echte Fernsehprominenz, ist selten jemand aus dem Teilnehmer:innenfeld.
Klagenfurter Rede von Tanja Maljartschuk
Auch in diesem Jahr nicht, da es am Donnerstagmorgen wieder losgeht mit den Lesungen. Am Abend zuvor, an diesem Mittwoch, wird die ukrainische Schriftstellerin und Bachmannpreis-Gewinnern von 2018 Tanja Maljartschuk die inzwischen 24. Klagenfurter Rede mit dem Titel „Hier ist immer Gewalt. Hier ist Kampf“ halten und damit die Welt, ihre Gräuel und die politische Realität nach Klagenfurt holen (was bei dieser Eröffnungsrede in den vergangenen Jahren nicht immer der Fall war, diese hatten oft Bachmannpreis-Blasen-Charakter).
Andreas Stichmann, geboren 1983 in Bonn, ist beispielsweise ein profilierter Autor mit Romanen wie „Das große Leuchten“, „Die Entführung des Optimisten Sydney Seapunk“ oder „Eine Liebe in Pjöngjang“. Mit letzterem stand er vergangenes Jahr auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Auch der ebenfalls 1983 geborene Essayist und Schriftsteller Deniz Utlu ist kein Unbekannter mit diversen Veröffentlichungen. Vermutlich wird er einen Auszug aus seinem Roman „Vaters Meer“ lesen, der im August im Suhrkamp Verlag erscheint.
Oder Anna Gien: 1991 geboren, machte Gien als Co-Autorin des 2019 erschienenen Romans „M.“ von sich reden, zuletzt erschien von ihr im März Verlag der Roman „Paris Rot“. Oder, um noch einen letzten Namen zu nennen: Yevgeniy Breyger. Der Lyriker wurde 1989 in Charkiw geboren, siedelte 1999 mit seiner Familie nach Deutschland über und veröffentlichte zuletzt beim Berliner kookbooks Verlag mehrere Gedichtbände, zuletzt „Frieden im Krieg“.
Das Feld ist also in diesem Jahr von den Namen her erneut ein durchaus ansprechendes, aber auch leicht reduziertes. Denn statt vierzehn Autoren und Autorinnen werden nur zwölf lesen. Die österreichische Schriftstellerin Helena Adler muss sich in der Bachmannpreis-Woche, wie es heißt, „einer unaufschiebbaren medizinischen Behandlung unterziehen“; und auch der Österreicher Robert Prosser hat abgesagt, er entschuldigt sich mit „triftigen persönlichen Gründen“.
Tatsächlich sehen die Statuten des Preises eine persönliche Anwesenheit und Lesung vor, zumal da die Pandemie vorbei ist. Zwölf Autoren also bei fünf Preisen, da stehen die Chancen gut – selbst wenn es im Fall eines Preisgewinns nicht für Jubel und Autogrammwünsche auch in der Stadt oder am See reichen sollte.