So gut ist der neue München-„Tatort“: Vergiftung live auf der Bühne

In einem altehrwürdigen Münchner Theaterhaus wird Tschechows „Die Möwe“ aufgeführt. Plötzlich bricht die Schauspielerin Nora Nielsen (Giulia Goldammer) auf offener Bühne tot zusammen, offenbar vergiftet: „Tatort: Das Verlangen“ (2. Weihnachtstag, Freitag, ARD, 20:15 Uhr).

Ein Mord unter Schauspielern? Die Spurensuche im Theater, im Reich des Scheins, ist noch mal eine ganz besondere. Und das im vorletzten Fall für die „Tatort“-Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl).

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Wer, wenn nicht Schauspieler könnten den Ermittlern besonders gut etwas vorspielen, lügen, täuschen und verbergen? Da ist Noras Kollegin Stella (Luzia Oppermann), die an der ermordeten Kollegin vorbei auf ihre Rolle hoffte.

Oder Noras Ex-Freund Johannes (Robert Kuchenbuch) und Carl (Lukas T. Sperber), mit dem diese eine Affäre hatte, sowie die Theater-Diva Gina (Ursina Lardi), die wiederum mit Carl verbandelt war.

Stirbt live auf der Bühne: Schauspielerin Nora Nielsen (Giulia Goldammer).

© Johann Feindt BR, Claussen+Putz Filmproduktion GmbH

Dazu kommt noch der Selbstmord einer Schaupielerin am selben Theater vor sechs Monaten. Eifersucht, Affären, Ehrgeiz, Rache, unerfüllte Sehnsüchte, Freundschaft, Verlangen, Liebe, Neid – da ist ganz schön was toxisch am Theater.

Wenn Sie aufhören, Mörder zu suchen, wird es jemand anderes tun.

Schauspieler Carl im „Tatort“ zu den Kommissaren Batic und Leitmayr, die bald in Rente gehen

Dem Ganzen begegnen Batic und Leitmayr mit all der bajuwarischen Lässigkeit und Erfahrung, die sie in 34 Jahren „Tatort“ angesammelt haben.

Mit Zeit für die Pflege von Vorurteilen über eine eitle und verschlossene Zunft, ähnlich wie jüngst im „Tatort“ aus der (mörderischen) Welt der nerdigen Schachgroßmeister. Schauspieler? Haben alle einen Knall oder/und sind Alkoholiker.

Die Münchner lösen den Fall dann auch im Agatha-Christie-Modus, ohne sehr viel dafür schaffen zu müssen, zudem Kollege Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) schon in den Startlöchern steht.

Zu Weihnachten also ein nicht allzu strenger und blutiger Extra-„Tatort“ als Kammerspiel (Regie: Andreas Kleiner), nicht übermäßig spannend, ironisch gespickt mit Zitaten von Tschechow bis Shakespeare samt Antwort auf die Frage, welcher von beiden Dichtern wirklich grausamer war, sowie melancholischen Anspielungen auf die baldige Rente der beiden Ermittler.

Wer wissen will, warum es im Hochsommer auf dem Platz vor dem Residenztheater in München schneit, sollte ohnehin bis zum Finale dranbleiben.