Nachruf auf Werner Franke: Er war schrill, rücksichtslos und deshalb von großem Wert für den Sport

Was es braucht, um grundlegende Dinge wirklich zu verändern, sind Leidenschaft, Intellekt, Durchsetzungskraft, Charisma und sicher auch der Drang, nach außen zu wirken. Der Zell- und Molekularbiologe Werner Franke hatte alles davon. Er stritt er für sein Lebensthema, den Dopingmissbrauch im Sport, wie kein anderer vor ihm. Seine Passion paarte sich mit lexikalischem Wissen in seiner Disziplin. Es bereitete ihm Freude, noch mitten in der Nacht wissenschaftliche Schriften zu durchforsten.

Dass er mit einer besonderen geistigen Gabe gesegnet war, merkte man auch im Umgang mit ihm. So meldete sich Franke vor wenigen Jahren beim Autor dieser Zeilen. Ein Zitat von ihm sei nicht ganz korrekt wiedergegeben worden. Es war eine Kleinigkeit, ein Halbsatz nach einem anderthalb Stunden andauernden Gespräch. Wie sollte Franke, damals schon Ende 70, sich daran noch so genau daran erinnern können? Er verfügte im Gegensatz zum Autor über keine Aufzeichnung. Beim neuerlichen Abhören des aufgezeichneten Gesprächs war klar: Franke hatte recht, er hatte alles im Kopf.  

Sein Verstand ermöglichte ihm eine Bilderbuchkarriere in der Wissenschaft. Er promovierte in Heidelberg mit der Bestnote summa cum laude. Mit gerade einmal 31 Jahren wurde in Freiburg seine Habilitation in Zellbiologie angenommen. Der Ruf als Professor an die Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg folgte nur zwei Jahre später. Franke war ein Überflieger. Vermutlich hätte er im wissenschaftlichen Bereich international ein Star werden können, ein mit vielen Preisen dekorierter Mann.

Doch Franke kam die Leidenschaft für den Sport dazwischen. Zusammen mit seiner Frau Brigitte Berendonk, einer ehemaligen DDR-Leistungssportlerin, deckte er das systemische Zwangsdoping in der DDR auf. Das von Berendonk veröffentlichte Buch „Doping-Dokumente. Von der Forschung zum Betrug“, an dem Franke maßgeblich mitwirkte, ist die bis heute wichtigste Veröffentlichung zum Doping in Deutschland.

Nun hätte man meinen können, Franke hätte wegen seiner Errungenschaften höchstes Ansehen genossen. Doch häufig war das Gegenteil der Fall. Franke war schrill, in seinem Sprachgebrauch sehr unterhaltsam, aber eben auch derb und rücksichtslos. Vor allem aber hatte er keine Angst vor sämtlichen Akteuren des Profisports und schon gleich gar nicht vor den Medien, die auch ihr Fett von ihm abbekamen. Sein steter Vorwurf: Die Medien sind Vasallen des Profisports, sie profitieren von ihm, daher schützen sie ihn. Häufig wurde er wegen Verleumdung verklagt, in den wenigsten Fällen erfolgreich.

Werner Franke konnte Menschen wehtun, aber sein Wirken hat den Sport in Deutschland weit, weit nach vorne gebracht. Er starb in der Nacht zum Dienstag an den Folgen eines Aneurysmas. Er wurde 82 Jahre alt.  

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