Mensch und Objekt im Einklang
Ineke Hans liebt kräftige, stabile Formen, ihre Stühle und Bänke vermitteln etwas Bodenständiges. Sie gehört zu den führenden niederländischen Designerinnen. Die Leidenschaft für Gestaltung steckte schon immer in ihr drin. „Ich wusste erst gar nicht, dass man das auch als Fach studieren kann“, sagt sie schmunzelnd am Telefon aus ihrem Studio in Arnheim, das sie 1998 nach dem Studium an der Artez-Kunsthochschule und dem Möbeldesignstudium am Royal Art College London gegründet hatte. Vor allem das Verhältnis von Mensch und Objekt habe sie sehr interessiert, erzählt sie. „Stühle zum Beispiel müssen für den Körper passen und praktisch sein.“ Aber: noch ein Stuhl, noch ein Tisch – braucht die Welt das?
„Unser Alltag hat sich sehr verändert. Meine Oma hatte noch einen Küchentisch, einen Esstisch und einen Schreibtisch. Heute muss ich das Möbel in einer kleinen Wohnung neu denken“, erzählt sie. So werde aus dem Frühstückstisch alsbald der Arbeitstisch mit Raum für ein Laptop. Und: Mit neuen Materialien könne man Objekte bequemer gestalten.
Mit „Rex“ hat Ineke Hans jetzt den ersten Stuhl der Niederlande mit 20 Euro Pfand für Circuform gestaltet. Der Entwurf stammt von 2010, als ein Betrieb junge Designer:innen um einen Konzeptstuhl für Mailand gebeten habe. Hans lieferte die perfekte Idee für eine industrielle Produktion ab. Das Produkt war ein internationaler Erfolg. Nur hatte die Firma damals zu wenig in die Formen investiert. Bei „Rex“ konnte Ineke Hans das Design nun vollenden. Circuform ist eine neue niederländische Möbelmarke, die in Recycling investiert. Kunststoff sei zu wertvoll, um einfach verbrannt zu werden. Durch das Pfandprinzip bekäme das Unternehmen das Material zurück. So spart man Rohstoffe. Ineke Hans findet die Idee charmant. Nachhaltigkeit ist ihr wichtig.
Kuratorin Nicole Uniquole hat für die Ausstellung „Design & Dynastie“ zu Ehren des 250. Geburtstages von König Willem I. der Niederlande in Fulda außerdem eine Bank ausgewählt, die Ineke Hans auf einer Insel im Norden Kanadas mit den dortigen Fischern für ein Gemeindezentrum entworfen hatte. Die Fischer konnten Boote bauen, aber der Fischfang ging zurück. Ihre gemeinsam entwickelten Möbel im Windsor-Stil wurden ein Erfolg.
Hans hat seit 2017 den Lehrstuhl für Design and Social Context an der Universität der Künste in Berlin inne. Als Niederländerin fiel ihr gleich auf, dass die Studierenden mit ihren Abschlussarbeiten kaum sichtbar waren, anders als in ihrer Heimat oder in Großbritannien. Also initiierte sie mit drei Kolleg:innen „German Design Graduate“, um allen Produktdesignabsolvent:innen eine Plattform zu bieten. „Alle Studierende schicken ihre Arbeiten ein. Jeder bekommt eine Chance. Für die Qualität der Texte und Bilder müssen sie selbst die Verantwortung übernehmen“, sagt sie. In fünf Kategorien werden Preise vergeben, dazu gehören Studioaufenthalte, Ausstellungen und vieles mehr. Mittlerweile hat der Deutsche Rat für Formgebung das Projekt übernommen.