Kurs auf Kuopio, äh nein, Helsinki

Mit dem Boot ist diesmal wohl keiner gefahren. Vor 20 Jahren, als der 1. FC Union Berlin zum ersten und bisher letzten Mal zu einem Europapokalspiel nach Finnland musste, haben einige Fans den Wasserweg in den Norden genommen, um ihre Mannschaft anzufeuern. Das Spiel wurde bekanntlich wegen der Anschläge von 11. September, verschoben, und die Seekrankheit einiger Anhänger, die ein paar Jahre später sogar in einem Theaterstück verewigt wurde, war daher auch abenteuerlich.

Dieses Mal soll alles besser ausgehen. Am Donnerstagabend startet Union erst zum zweiten Mal in seiner Geschichte in einem Europapokalwettbewerb, und mit dem Hinspiel der Play-offs zur neuen Conference League der Uefa gegen Kuopion Palloseura (18 Uhr, live bei Sport1), steht wieder ein Auswärtsspiel in Finnland auf dem Programm. Doch dieses Mal gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass diese Begegnung nicht wie geplant stattfinden kann.

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Diesmal soll es auch keine Seekranken geben. Mit dem Flugzeug reisten die ersten Union-Fans am Dienstag nach Finnland, weitere folgten am Mittwoch. Obwohl der europäische Fußballverband Uefa eigentlich keine Auswärts-Fans zulässt, sind Karten für das Spiel auf der Webseite des Gegners im freien Verkauf, und so dürften einige Berliner zu sehen und zu hören sein, wenn ihre Mannschaft im Olympiastadion von Helsinki aufläuft.

Dort sind die Berliner trotz mangelnder Erfahrung im Europapokal eigentlich Favorit. In einem neuen Wettbewerb, der vor allem den Vereinen aus kleineren Nationen eine Chance geben soll, gehört der einzige Vertreter der Bundesliga gerade in der Vorrunde zu den Großen. Trotzdem wollen die Köpenicker den Gegner aus Finnland, der in den vergangenen Jahren immerhin schon einige Spiele in der Europa League bestritten hat, ebenso wenig unterschätzen wie die Stärke der Ostsee-Wellen. „Wir sind weit davon entfernt, Favorit zu sein“, sagte Trainer Urs Fischer vor der Abreise in den Norden.

Die Dreifachbelastung wird in dieser Saison wohl zu seiner größten Herausforderung

Auch Innenverteidiger Robin Knoche warnte vor den Finnen. „Wir haben keine Lust, den Gegner zu unterschätzen“, sagte er über den Finnischen Meister von 2019. Bei einer „ausführlichen Videoanalyse“ habe man einige Stärken bei Kuopion PS erkannt. „Das ist eine Mannschaft, die mit viel Ballbesitz spielen will, damit hatte ich so nicht gerechnet.“ Er habe zwar keine Angst, „dass wir völlig verkrampfen“, aber von der Favoritenrolle für Union wollte auch Knoche nichts wisse. „Wir beschäftigen uns nicht damit, wer uns vielleicht die Favoritenrolle zuschiebt, das können wir eh nicht beeinflussen“, sagte er. „Es ist ein K.-o.-Spiel, es ist fifty-fifty.“

Tatsächlich ist das Format etwas ausgeglichener, als es in früheren Jahren der Fall gewesen wäre. Im Juni hat die Uefa die traditionelle Auswärtstorregel abgeschafft. Deshalb muss Union beim Hinspiel in Helsinki nicht unbedingt viele Tore erzielen, um sich eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel im Berliner Olympiastadion am Donnerstag kommender Woche zu verschaffen.

Dass man das Spiel etwas vorsichtiger angehen kann, wird auch den Schweizer Trainer Fischer freuen. Schließlich wird die Dreifachbelastung in dieser Saison wohl zu seiner größten Herausforderung. Frühe Verletzungen will er unbedingt vermeiden. Als Taiwo Awoniyi am Samstag, am ersten Spieltag der Bundesliga gegen Bayer Leverkusen vom Feld humpelte, rutschte vielen Union-Fans das Herz in die Hose. Anders als Grischa Prömel, Anthony Ujah und Leon Dajaku, die in Helsinki wegen Verletzungen nicht zur Verfügung stehen, stieg der Nigerianer aber am Mittwochvormittag ins Flugzeug nach Finnland. Neben einem guten Ergebnis wird es am Donnerstag vor allem darum gehen, dass er und alle weiteren Spieler aus dem 23-köpfigen Kader gesund nach Hause kommen und für das Auswärtsspiel gegen die TSG Hoffenheim am Sonntag bereit sind.

Ein fußballerischer Leckerbissen dürfte es in Helsinki also nicht unbedingt werden. Aber das wird die Union-Anhängern kaum stören. Egal wie es ausgeht: Diese Woche mit der Rückkehr in den Europapokal ist in Köpenick ein Anlass zum Feiern. Nach 20 Jahren spielt Union endlich wieder international, und auch die Spieler wollen diese Erfahrung genießen. Robin Knoche sagte: „Dafür haben wir letztes Jahr hart gearbeitet.“