Kolumne Schlamasseltov: Der Papst und ich
Ich kann nicht fassen, dass Ratzinger alias Benedikt XVI. vergangenes Jahr gestorben ist und das komplett an mir vorbeigegangen ist! Theoretisch wäre mir das Ableben eines (Ex-)Papstes natürlich egal, aber ich habe ein Geständnis, das auf den Tag wartet endlich ausgesprochen zu werden und ich dachte immer der Moment in dem Ratzinger das zeitliche segnet, sei der richtige dafür.
Nun habe ich meinen Einsatz um neun Monate verpasst und teile in deutlichem Verzug die unbestreitbare Wahrheit mit der Welt: Ich bin der Grund, dass Ratzinger 2013 als Papst zurückgetreten ist. Ich weiß, es ist schockierend und dennoch so naheliegend. 2011 war Ratzinger als (Noch-)Papst in Berlin und wie es der Zufall so wollte, habe ich zu diesem Zeitpunkt mein Abitur an einer katholischen Schule nachgeholt.
Nun war ich schon immer sehr strebsam und habe nicht einfach mein Abitur gemacht, ich war auch Schulsprecherin. Kinder (auch wenn ich längst kein Kind mehr war) machen sich immer besonders gut auf Bildern mit Katholiken (well …) und deswegen wurden jeweils eine Vertreterin zwei, drei katholischer Oberschulen und ein paar Drittklässler*innen von einer katholischen Grundschule ausgewählt, um den Papst am Flughafen zu empfangen. Meine Schule war eine dieser Schulen und weil ich Schulsprecherin war, dachte unsere Direktion, ich sei eine gute Wahl.
Auf meinen Einwand, dass ich bekanntermaßen jüdisch sei (und offen lesbisch) zuckte der Rektor nur mit den Schultern und betonte noch einmal, was für eine wunderbare Repräsentation ich doch sei. Vielleicht war es mein guter Notenschnitt oder mein fotogenes Gesicht oder der Umstand, dass ich als Jüdin an einer katholischen Schule quasi Multi-Kulti war, was ihn so verzückte, aber das Wissen, dass meine Stellvertreterin eine homophobe Hardcore-Katholikin war, veranlasste mich letztendlich zuzusagen.
Und so holte ich den Papst in Berlin vom Flughafen ab… quasi… Genauer gesagt stand ich da mit mürrischem Gesicht neben Soldaten und hinter aufgeregten Dritklässler*innen während der Papst, Merkel und Wulff auf dem roten Teppich an mir vorbeiliefen.
Doch es gab diesen Moment (bevor ich mich für die Anti-Papst-Demo verabschiedet habe), da traf mich Ratzes Blick und es ist passiert: Wie der Schlag traf Benedikt XVI. an diesem Berliner Flughafen die Erkenntnis, dass man so viel besser leben kann, als als Oberhaupt der katholischen Kirche. Zum Beispiel als super cute, feministische, jüdische Lesbe. Er brauchte nur einen Moment, um es sacken zu lassen. Zwei Jahre, um genau zu sein. Jetzt ist die Wahrheit raus …