Immer wieder Schwächen im Spiel nach vorn: Bei Hertha BSC muss es ein bisschen mehr werden

Der Pass von Florian Müller war völlig verunglückt, direkt in die Füße von Chidera Ejuke hatte der Torwart des VfB Stuttgart den Ball gespielt. Der Linksaußen nahm ihn an, zog in den Strafraum, ging an Konstantinos Mavropanos vorbei – und schoss aus vielversprechender Position über das Tor.

Das war Dienstagabend, in der 84. Minute des Spiels von Hertha BSC beim VfB. Da hieß es noch 1:1, am Ende verlor Hertha 1:2.

Mittwochmittag stand nach der Rückkehr in Berlin die nächste Einheit auf dem Schenckendorffplatz an, inklusive Trainingsspiel. Auch dort gab es mehrere Torschüsse von Ejuke. Und: „Aus ähnlicher Position wie in Stuttgart haut er den Ball zweimal in den Knick“, sagt Trainer Sandro Schwarz: „Wir hätten uns alle gewünscht, es wäre gut zwölf Stunden vorher schon so gewesen.“

Ejuke ist ein sehr schneller, technisch äußerst beschlagener Spieler. Mit seinen Dribblings kann er die Fans verzücken, doch in den entscheidenden Momenten will es dann meist einfach nicht klappen. Sei es beim Abschluss oder beim Abspiel.

„Da braucht er eine bessere Entscheidungsfindung, was Dribbling und Passspiel angeht“, sagt Schwarz. Der Nigerianer steht weiterhin bei null Toren. Lange hatte er einen Stammplatz, in den letzten Spielen kam er nur noch in der zweiten Halbzeit von der Bank rein.

Viel Fleiß, reichlich Einsatz, wenig Zählbares. Das gilt vor dem letzten Auftritt des Jahres in der Fußball-Bundesliga gegen den 1. FC Köln (Samstag 15.30 Uhr im Olympiastadion/Sky) für Hertha BSC, für Ejuke und für die große Mehrheit der Offensivabteilung.

 Herthas mit Abstand bester Torschütze der Saison: Dodi Lukebakio (links).
Herthas mit Abstand bester Torschütze der Saison: Dodi Lukebakio (links).
© imago/HMB-Media / IMAGO/Heiko Becker

Lediglich Dodi Lukebakio sticht heraus. Der Belgier war in der Bundesliga sieben Mal erfolgreich, hat damit über 40 Prozent aller Treffer der Berliner erzielt. Für einen Platz im WM-Kader hat diese Bilanz aber nicht gereicht, Lukebakio steht nur auf Abruf. Zweitbester Hertha-Torschütze ist Suat Serdar (drei) vor Marco Richter und Lucas Tousart (je zwei). Alle sind im Mittelfeld zu Hause.

Niemandem ist die Einsatzbereitschaft abzusprechen, das gilt auch für die Stürmer. Aber unter dem Strich haben Wilfried Kanga, der oft und auch aktuell verletzte Stevan Jovetic und Davie Selke nur je ein Tor beigesteuert, Selke per Elfmeter. Jessic Ngankam konnte aufgrund von Verletzungen in dieser Spielzeit noch gar nicht eingreifen.

Je erfolgreicher du sein möchtest, desto mehr Spieler brauchst du, die eine gewisse Quote haben.

Hertha-Trainer Sandro Schwarz

„Es geht nicht darum, einen herauszuheben und ihn an Toren zu messen“, sagt Schwarz. Aber er sagt auch: „Je erfolgreicher du sein möchtest, desto mehr Spieler brauchst du, die eine gewisse Quote haben.“

Diese Spieler sucht man bei Hertha – abgesehen von Lukebakio – bisher vergebens. Die fehlenden Tore sind ein Hauptgrund für die mal wieder prekäre Lage. Bescheidene 17 Tore sind es in 14 Spielen geworden, nur der VfL Bochum und der FC Schalke 04 (je 13) haben weniger fabriziert. Das sind gleichzeitig die einzigen Teams, die derzeit in der Tabelle hinter Hertha stehen.

Die Präsenz im gegnerischen Strafraum sei verbesserungwürdig, findet der Trainer. Das Wichtigste sei aber, „einfache Ballverluste zu vermeiden“, sagt Schwarz. Oft sind es für sich genommen kleine Dinge, die trotzdem in der Summe den Erfolg, sprich Tore, verhindern.

Beispielhaft dafür stand in Stuttgart eine Szene nur Sekunden nach dem Anstoß zur ersten Halbzeit. Dem des VfB wohlgemerkt. Hertha eroberte sofort den Ball, spielte zielstrebig, doch der letzte Pass von Lukebakio blieb schließlich hängen. Weg war sie, die Gelegenheit zum perfekten Start.

Personelle Verstärkungen in der Offensive wären nötig. Große Sprünge verhindert jedoch allein schon die wieder höchst angespannte finanzielle Situation.

Etwas Spielraum durch eingespartes Gehalt würde sich durch einen Abgang von Selke ergeben. Der Stürmer wird bei italienischen Vereinen gehandelt.

Befragt nach seinen Wünschen für die nahe Zukunft spricht Trainer Schwarz aber nicht über mögliche neue Spieler. Der 44-Jährige sagt: „Mein größter Wunsch ist, dass wir uns am Samstag in Teilbereichen verbessern, eine Topleistung abrufen, wieder eine sensationelle Stimmung im Stadion haben und mit drei Punkten aus dem Spiel gehen.“ Dafür wäre es hilfreich, wenn nicht nur Dodi Lukebakio in der Rubrik Tore auf eine gewisse Quote kommen würde.

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