Hertha BSC verpflichtet Wilfried Kanga
Ein Stürmer, der bisher für den BSC Young Boys aus Bern aktiv war, ist schon länger in Berlin: Jordan Siebatcheu trägt seit dieser Saison das Trikot des 1. FC Union. Nun wird ein zweiter Stürmer für einen Berliner Klub auflaufen, der bisher für Bern gespielt hat. Wilfried Kanga wechselt zu Hertha BSC, wie der Klub aus der Hauptstadt am Samstag mitteilte. Er erhält einen Vierjahresvertrag.
„Mit seiner Größe, seiner körperlichen Präsenz, seiner Geschwindigkeit und seinem Zug zum Tor bekommen wir einen Stürmer, der sehr gut zu der Art Fußball passt, die wir auf den Platz bringen möchten“, sagte Sport-Manager Fredi Bobic.
Der 24-Jährige war in der Jugend bei Paris Saint-Germain, kam über die Stationen SCO Angers (Frankreich) und Kayserispor (Türkei) nach Bern. Dort lief Kanga, der für die U20-Nationalmannschaft der Elfenbeinküste und Frankreichs im Einsatz war, vergangene Saison in der Liga 31 Mal auf, erzielte zwölf Tore und gab vier Vorlagen. Er war zweitbester Torschütze seines Teams hinter Siebatcheu (22).
Nun zeigte sich Kanga auch wieder treffsicher: drei Tore in zwei Ligaspielen. Als Bern am Donnerstag in der Qualifikation zur Conference League gegen FK Liepaja aus Lettland spielte, wurde er nicht mehr eingesetzt.
Die Ablöse für den kopfballstarken Stürmer soll unter fünf Millionen Euro liegen, also damit deutlich unter der Summe, die für Ludovic Ajorque von Racing Straßburg kolportiert wurde. Ajorque war mit Hertha in Verbindung gebracht worden. Aber es fehlt den Berlinern an den finanziellen Mitteln, weil sich noch kein Käufer für Krzysztof Piatek gefunden hat.
Bislang war der Sturm eine sehr große Baustelle im Kader des Fußball-Bundesligisten. Der Vertrag von Ishak Belfodil war nicht verlängert worden, Piatek soll verkauft werden, Stevan Jovetic ist oft angeschlagen, Jessic Ngankam fehlt derzeit auch verletzt. Bleibt Davie Selke. Einiges spricht dafür, dass er im Erstrundenspiel des DFB-Pokals bei Eintracht Braunschweig (Sonntag 18.01 Uhr, live bei Sky) in der Startelf steht.
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Für den neuen Trainer Sandro Schwarz ist es das erste Pflichtspiel, er hat lediglich die sechswöchige Vorbereitung als Gradmesser. Und im Kader wird es bis zum Ende der Transferperiode noch einige Veränderungen geben. Aber Schwarz wählt nicht den einfachen Weg, darauf hinzuweisen. Der 43-Jährige geht in die Offensive: „Wir werden nicht die Marschroute ausgeben, wir wissen nicht, wo wir stehen. Wir wissen, was wir auf dem Schläger haben. Das gilt es im ersten Pflichtspiel auf den Platz zu bekommen.“
Im Trainingslager in England gab es drei Testspielniederlagen. Das liest sich in der Bilanz etwas unrund „und uns ist bewusst, dass das ein oder andere Ergebnis nicht so erfolgreich war“, sagt Schwarz. Aber insgesamt spielen die Resultate keine große Rolle. Erinnert sei an 2021: Hertha schlug im Trainingslager unter anderem den FC Liverpool – und verlor die ersten drei Bundesligapartien.
Hertha BSC soll unter Schwarz mutig und schnell nach vorn spielen
Wichtiger als die Ergebnisse sind die Eindrücke aus den Testspielen. Die waren sehr unterschiedlich. Schwarz, der ein 4-3-3-System präferiert, will sein Team mutig, aktiv und schnell nach vorn spielen lassen, der Gegner soll stets beschäftigt werden. Dazu gab es gute Ansätze. Aber das Team streute immer wieder Phasen ein, die in puncto Passivität und mangelnder Struktur an die weitgehend missratene letzte Saison erinnerten.
Dass der Kader noch nicht fertig ist, ist nicht neu. Letzte Saison war es genauso. Aber das macht es für Schwarz schwieriger. Im Tor ist alles klar, Oliver Christensen ist die Nummer eins. In der Abwehr wird der neue Kapitän Marvin Plattenhardt links und Neuzugang Jonjoe Kenny rechts spielen. Offen ist, wer in Braunschweig neben Marc Kempf in der Innenverteidigung aufläuft. Vermutlich wird es der bisherige Kapitän Dedryck Boyata sein.
Davor soll der kampfstarke Ivan Sunjic die Lücke schließen, die Santiago Ascacibar durch seinen Abgang zum Serie-A-Aufsteiger US Cremonese hinterlassen hat.
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Ansonsten ist Suat Serdar im Mittelfeld gesetzt. Dort könnte zudem Kevin-Prince Boateng ebenso auflaufen wie Lucas Tousart oder Vladimir Darida. Die fehlende Gefahr über die Flügel war vorige Saison ein Riesenproblem. Hier soll auf links der von ZSKA Moskau ausgeliehene Chidera Ejuke für Belebung sorgen. In welcher Form er das schon im Pokal tut, ist offen. Wegen Problemen mit dem Visum stieß er erst gegen Ende des Trainingslagers zur Mannschaft.
Trainer Schwarz wollte sich jetzt in den letzten Trainingseinheiten einen Eindruck davon verschaffen, „ob es für die Startelf reicht oder ob es Sinn macht, ihn von der von Bank zu bringen.“ Ist Letzteres der Fall, würde Myziane Maolida wohl von Beginn an spielen. Maolida konnte in seiner ersten Saison bei Hertha selten überzeugen, sammelte aber in der Vorbereitung Punkte beim neuen Trainer.
Selbiges gilt besonders für Dodi Lukebakio, der nach einer leidlich erfolgreichen Ausleihe zum VfL Wolfsburg zurück bei Hertha ist und bisher viel Werbung in eigener Sache betrieb. Es gab Angebote für den 24-Jährigen, doch Lukebakio sagte kürzlich in der „Bild“-Zeitung: „Mein Fokus ist zu 100 Prozent auf Hertha gerichtet.“ Der 2019 für 20 Millionen Euro verpflichtete und danach oft kritisierte Belgier will endlich den Durchbruch schaffen. Und Schwarz setzt rechts auf ihn.