Für Hertha BSC wird es wieder ungemütlich
Das, was Tayfun Korkut, nach der Niederlage seiner Mannschaft gegen den 1. FC Köln gesagt hat und was explizit auf ihr Verhalten vor den Gegentoren gemünzt war, genau das könnte man den Spielern von Hertha BSC auch als generellen Leitsatz für die kommenden Tage und Wochen mitgeben. Vom Kleinen zum großen Ganzen sozusagen. „Man darf keine Sekunde abschalten in der Bundesliga“, sagte der Trainer der Berliner. „Die Aufmerksamkeit muss enorm hoch sein.“
Gegen die Kölner war die Aufmerksamkeit mindestens drei Mal nicht hoch genug – mit der Folge, dass sich die Situation für Hertha nach der 1:3-Heimniederlage wieder deutlich zugespitzt hat.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]
Als Tabellenelfter waren die Berliner in die kurze Winterpause der Fußball-Bundesliga gegangen, noch dazu mit dem Hochgefühl, durch den Sieg gegen den Tabellenzweiten Borussia Dortmund einen echten Coup gelandet zu haben. Aber die vorweihnachtliche Euphorie ist schnell verflogen. Genauso wie das befreiende Gefühl, sich ein wenig von der Abstiegszone distanziert zu haben.
„Leider haben wir es nicht geschafft, uns mit einem Sieg ins Mittelfeld abzusetzen“, sagte Rechtsverteidiger Lukas Klünter über Herthas stabilen Wankelmut. „Mit unserer Qualität sollten wir da unten nicht stehen, aber wir schaffen es in den entscheidenden Momenten nicht, da unten rauszukommen. Das nervt extrem.“
Sportchef Fredi Bobic hat schon vor Weihnachten darauf hingewiesen, dass die Tabelle nicht immer die volle Wahrheit erzählt: „Es sieht schön aus in der Tabelle, aber es ist trügerisch.“ So eng, wie in der Bundesliga alles beieinander liegt, kann es zwar schnell nach oben gehen (wie der 1. FC Köln mit seinem Sprung auf Platz sechs gerade eindrucksvoll bestätigt), aber mindestens genauso schnell eben auch wieder nach unten.
Der Abstand auf die Abstiegszone schwindet
Herthas Mannschaft hat den Wahrheitsgehalt von Bobics mahnenden Worten gleich bei der ersten sich bietenden Möglichkeit bestätigt. Mit Platz 13 ist das Tabellenbild jetzt schon gar nicht mehr so schön. Zumal es für die Berliner nur drei Punkte bis zum Relegationsrang sind, auf dem derzeit die plötzlich ambitionierten Augsburger liegen. Und bis zu Arminia Bielefeld auf dem ersten Abstiegsplatz ist es auch nur ein Punkt mehr.
„Wir müssen gucken, dass wir eine gewisse Beständigkeit reinbekommen“, fordert Bobic. Denn genau daran fehlt es Hertha in dieser Saison. Es braucht mehr Konstanz, um sich dauerhaft von der Abstiegszone fernzuhalten. Doch das war schon unter Pal Dardai als Trainer das Problem und hat sich auch unter seinem Nachfolger Tayfun Korkut nicht entscheidend geändert. In den jüngsten vier Spielen wechselten sich Sieg und Niederlage ab. „Und in den nächsten Wochen wird es bestimmt nicht einfacher“, ahnt Lukas Klünter.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Wie zu Saisonbeginn verloren die Berliner ihr Auftaktspiel gegen den 1. FC Köln mit 1:3. In der Hinrunde folgten zwei weitere Niederlagen gegen die beiden Spitzenteams Wolfsburg und Bayern, die nun naturgemäß auch wieder die nächsten Gegner sind. Mit dem einzigen Unterschied, dass der VfL Wolfsburg inzwischen kein Spitzenteam mehr ist, sondern nach acht Pflichtniederlagen nacheinander (davon sechs in der Bundesliga) genauso wie Hertha gegen den Abstieg kämpft.
Die Berliner weisen nicht nur bei den Ergebnissen eine zu große Streuung auf, sondern auch bei ihren Leistungen. Gegen Köln war das sogar innerhalb der 90 Minuten eindeutig zu beobachten. Zu Beginn und nach der Pause machte Hertha es nicht schlecht (allerdings auch nicht so zwingend gut, dass man hinterher von einer vollkommen unverdienten Niederlage sprechen musste). In der letzten Viertelstunde vor der Pause hingegen, nach den beiden schnellen Gegentoren der Kölner zum zwischenzeitlichen 2:0, war die Mannschaft komplett von der Rolle.
Schon in der Vergangenheit fehlte ihr in solchen Situationen der nötige Widerstandsgeist, „da haben wir uns fast so ein bisschen ergeben“, sagte Bobic mit Blick auf die hohen Niederlagen in Mainz (0:4), bei den Bayern (0:5) und in Leipzig (0:6).
„Ein Gegentor macht immer was“, erklärte Trainer Korkut. „Und wenn das häufiger passiert, fängt bei den Spielern der Kopf an zu arbeiten.“ Aber man habe das Spiel gegen die Kölner klar analysiert und die Fehler deutlich angesprochen, berichtete Herthas Trainer am Mittag nach der Niederlage. „Die werden sich nicht wiederholen.“ Nach den Erfahrungen dieser Saison ist das eine mindestens mutige Prophezeiung.