Endlich ein bisschen Klarheit
Bald ist es vorbei. Und Sandro Schwarz kann es kaum erwarten. Am Donnerstag, um Punkt 18 Uhr, endet die Transferperiode, dann ist erst einmal Ruhe. „Ich bin froh“, sagt der Trainer von Hertha BSC. Froh über die Gewissheit: „Jetzt kann nichts mehr passieren.“
Im Umkehrschluss heißt das allerdings: Bis Donnerstag kann es noch ziemlich wild werden. Auch für Hertha BSC. An Gerüchten mangelt es jedenfalls nicht. Findet der Berliner Fußball-Bundesligist vielleicht doch noch einen Abnehmer für seinen Großverdiener Krzysztof Piatek? Ist das Interesse des FC Kopenhagen wirklich mehr als nur ein Gerücht? Am Dienstag stand der Pole noch in Berlin auf dem Trainingsplatz.
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„Es ist für alle Trainer eine sehr herausfordernde Zeit“, sagt Schwarz. Umso schöner, dass zumindest auf einer Position inzwischen Klarheit besteht: bei den Torhütern. Hertha hat zwar darüber nachgedacht, einen Ersatz für den freigestellten Rune Jarstein zu verpflichten, hat sich aber letztlich dagegen entschieden. Bei den Torhütern bleibt das Team so, wie es ist: mit Oliver Christensen, 23, als Nummer eins und den beiden Nachwuchskeepern Tjark Ernst, 19, sowie Robert Kwasigroch, 18, dahinter.
„Wir haben uns, wie bei allen Personalien, in der Tiefe darüber unterhalten“, berichtet Schwarz. Auch über mögliche Kandidaten und das offenbar kontrovers. Finn Dahmen (24, Mainz 05) soll im Gespräch gewesen sein. Aber letztlich wurde die Personalie nicht weiter forciert. „Die Leute, die du holst, müssen dich qualitativ auf eine andere Stufe bringen“, erklärt Schwarz. Und sie sollen das bestehende Gruppengefüge nach Möglichkeit nicht durcheinanderbringen. „Dementsprechend haben wir uns klar positioniert.“
„Wir vertrauen ihnen“, sagt Trainer Schwarz
Herthas Trainer ist kein Freund davon, jemanden zu verpflichten, nur um die Öffentlichkeit ruhigzustellen. Mag sie angesichts des Durchschnittsalters der drei Torhüter auch skeptisch sein: Schwarz sieht kein Problem, mit Christsensen, Ernst und Kwasigroch die noch verbleibende Strecke bis zur Winterpause anzugehen.
„Wir sehen sie jeden Tag im Training, und wir vertrauen ihnen“, sagt er. „Das ist alles gründlich durchdacht.“ Zumal es wegen der WM im Advent ohnehin nur noch elf Spiele in diesem Jahr sind. Danach kann man immer noch reagieren.
Bei Oliver Christensen, der neuen Nummer eins, sind die jüngsten Eindrücke durchaus vielversprechend. „Er ist ein junger Torwart, der letztes Jahr in einer extremen Drucksituation seinen Mann gestanden hat – und jetzt auch“, sagt Schwarz. „Die Entwicklung geht eindeutig nach oben.“
Ausgerechnet in der Relegation gegen den HSV feierte der Däne sein Profidebüt für Hertha, und trotz des unglücklichen Gegentors im Hinspiel erwies er sich in Hamburg als solider Rückhalt. Auch deshalb wurde Christensen vor der Saison zur Nummer eins befördert.
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Inzwischen rechtfertigt er dieses Vertrauen immer mehr. In den ersten Begegnungen wirkte er manchmal noch etwas hibbelig. Auch am Samstag, im Heimspiel gegen Borussia Dortmund, unternahm er einen gewagten Ausflug aus seinem Strafraum, der mit einem Ballverlust endete und dem BVB eine gute Torchance eröffnete.
Davon abgesehen aber bewahrte Christensen sein Team mit einigen Paraden vor einer höheren Niederlage – wie schon in der Woche zuvor, als er in Mönchengladbach einen Elfmeter parierte.
Schwarz bescheinigte seiner Nummer eins nach dem Spiel gegen den BVB „eine sehr, sehr gute Leistung“. Dass es bei ihm in der einen oder anderen Situation mal ein bisschen wild aussehe, „das ist völlig in Ordnung“, findet Herthas Trainer. „Mutig ist er dennoch. Als Torhüter ist es wichtig, das auch so auszustrahlen.“
Der Plan mit Rune Jarstein ist hinfällig
Ursprünglich war Rune Jarstein, 37, als Nummer zwei vorgesehen; zugleich sollte er eine Art Mentor für die jungen Torhüter sein. Doch das hat sich erledigt, nachdem er sich kritisch über Torwarttrainer Andreas Menger geäußert hatte und daraufhin suspendiert worden ist. Jarsteins Vertrag soll aufgelöst werden, die Verhandlungen laufen.
Neue Nummer zwei wurde daraufhin Tjark Ernst, den Hertha im Sommer vom VfL Bochum geholt hat. Er hat die Nase leicht vor Robert Kwasigroch, der aus der eigenen U 19 hochgezogen wurde. Beide gelten als hoch talentiert und sind laut Trainer Schwarz „gute, sehr gute junge Torhüter“.
Was ihnen fehlt, ist: Erfahrung. „Als junger Spieler mit 17, 18, 19 ist es relativ schwierig, so viel Erfahrung zu haben, dass alle sagen: Der ist schon bundesligatauglich“, erklärt Herthas Trainer. Fehler werde es bei den jungen Torhütern immer wieder mal geben. „Trotzdem kannst du nicht immer noch einen und noch einen zu holen. Du muss den Jungen Vertrauen geben und die Möglichkeit zu wachsen“, sagt Schwarz. „Das muss der Weg für diesen Klub sein.“