Eine Verpflichtung mit Geschmäckle
In den vergangenen Tagen gab es nicht viele Gewissheiten, in einer Sache waren sich aber alle Seiten einig: Oscar da Silva befindet sich in Berlin. Um den 23 Jahre alten Basketball-Profi hatte es seit Samstag gehörige Verwirrung gegeben, die sich erst an diesem Donnerstag legte: Die Riesen Ludwigsburg haben da Silva die Freigabe erteilt und der Power Forward einen Dreijahresvertrag bei Alba Berlin unterschrieben.
Begonnen hatte der Streit um da Silva am vergangenen Wochenende. Im Ludwigsburger Abschlusstraining vor dem BBL-Auftakt gegen Hamburg nahm da Silva noch ganz normal teil, beim Spiel fehlte er jedoch. „Er ist einfach abgehauen“, echauffierte sich Trainer John Patrick bei „Magentasport“. „Das ist mein 23. Jahr als Headcoach und ich habe so was noch nie gesehen.“ Da Silva habe sich auf den Weg nach Berlin gemacht, hieß es außerdem von seinem bisherigen Arbeitgeber, wo er bei Alba unterschreiben wolle. Und das alles, obwohl er – laut Ludwigsburg – einen gültigen Vertrag besitze.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Von Alba war erst mal gar nichts zu hören, am Rande des Spiels gegen die Frankfurt Skyliners am Dienstag, äußerten sich dann aber Sportdirektor Himar Ojeda und Manager Marco Baldi. Dass ihnen da Silva von seinem Berater angeboten sei und sie ihn gerne verpflichten würden, bestätigten die Berliner. „Wir haben uns mit ihm geeinigt“, sagte Baldi, fügte jedoch einen ganz wichtigen Satz hinzu: „Unter der Maßgabe, dass er frei ist.“ Das habe da Silvas Seite versichert.
Streitpunkt war die Frage, ob da Silva eine in diesem Fall gültige Ausstiegsklausel hat. Solche Vertragsoptionen sind im Basketball sehr üblich, können aber im Detail ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Laut „Stuttgarter Nachrichten“ ging Ludwigsburg davon aus, dass ein Ausstieg nur bis zum Ende der vergangenen Saison möglich war. Sein Berater soll keine zeitliche Beschränkung gesehen haben. Angeblich zahlt Alba nun eine Ablösesumme von 50.000 Euro. Die Klubs machten zu Details keine Angaben.
Fest steht allerdings: Mit da Silva bekommt Alba einen veranlagten Basketballer mit großen Entwicklungschancen. Also genau jene Art von Spieler, die zum Stil und Budget der Berliner passt. „Der Alba-Trainerstab legt viel Wert darauf, junge Spieler aufzubauen und einzusetzen. Ich freue mich sehr darauf, in diesem Umfeld den nächsten Schritt zu machen“, wird da Silva in einer Mitteilung zitiert.
In den wenigen Monaten seit seinem Wechsel nach Ludwigsburg hat sich der Sohn einer Deutschen und eines Brasilianers zwar sehr schwergetan, Alba glaubt aber an sein Potenzial. Das hat er vor allem in seiner Zeit an der Stanford-Universität zu tun, wo er neben seinem Biologie-Studium in der College-Liga NCAA für Aufsehen sorgte.
Trotz seiner 2,06 Meter ist da Silva sehr beweglich. Am wohlsten fühlt er sich auf der Power-Forward-Position, er kann aber auch unter dem Korb aushelfen. Angesichts von drei verletzten Centern hat Alba hier großen Bedarf, der gebürtige Münchner wird aber sicherlich mehrere Wochen brauchen, um sich im neuen Team zu integrieren. Bis dahin hat sich vielleicht auch die Unruhe um seine Person wieder gelegt.