Die Koalition will Bauen, Bauen, Bauen: Erinnert Euch an die „Schlange“!

Wenn sie denn kommt, die neue Koalition von CDU und SPD, dann will sie bisher offenbar vor allem eines sein: Eine Bau-Koalition. Ihre Papiere lesen sich baufetischistisch wie aus den 1960er- oder 1970er-Jahren: U-Bahnen bis in jede Ecke der Stadt, Autobahnen und sogar Wohnungen über diesen. Was immerhin sozial- und platzpolitisch überaus sinnvoll sein kann, wie die 1980 eingeweihte „Schlange“ über der A 104 zeigt.

Entworfen wurde sie für den Bauspekulanten Heinz Mosch von den Architekten Gerhard und Klaus Krebs sowie Georg Heinrichs, Alessandro Carloni und Wolf Bertelsmann. Mosch ging 1974 in einem gigantischen Skandal bankrott. Das Projekt aber wurde auf Druck des SPD-Senats von der Gesobau übernommen, deren Chef später CDU-Bausenator wurde.

Der teuerste Soziale Wohnungsbau überhaupt

Es war wohl der teuerste Soziale Wohnungsbau, der je in West-Berlin entstand, auch des berüchtigten „Berliner Filzes“ wegen. Er durchdrang seit dem Zweiten Weltkrieg die gesamte West-Berliner Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, reichte in die kleinsten Parteigliederungen vor allem von SPD, CDU und FDP und in alle Verwaltungen, Banken, Architektur- und Ingenieurbüros, Baufirmen, Wohnungsbaugesellschaften, Kleingartenvereine etc. pp..

Nikolaus Bernau ist Architekturkritiker und beobachtet die Berliner Baupolitik.

Legendär ist, wie beim lustigen Schnaps in der Akademie der Künste Grundstücke geschoben und Aufträge verteilt wurden. Eine irrwitzig teure Katastrophe, die nie aufgearbeitet wurde, weil irgendwie wirklich alle beteiligt waren und „der Westen“ ja treu zahlte; auch der Autor dieser Zeilen will nicht ausschließen, dass er als studentischer Zeichenknecht und Helfer auf Baustellen indirekt mit am Berliner Filz verdiente.

Die „Schlange“ ist trotzdem ein großartiger Bau, der Wohnungen mit individuell nutzbarem Grün verbindet mit innerstädtischer Dichte. Genau das, was heute nötig wird. Abgesehen selbstverständlich vom klimazerstörenden Beton, der hier vergossen wurde, und jener üblen Filz-Schlange, die nur auf ihre Wiedererweckung wartet.

Eine Koalition, die laut Bauen, Bauen, Bauen verspricht, braucht also vor allem eins: Eine eisenharte Anti-Korruptionspolitik. Jede Firma, die auch nur versucht zu bestechen, verliert sofort alle Aufträge der öffentlichen Hand; jeder und jede in Verwaltungen und öffentlichen Unternehmen, die auch nur versuchen, Vorteile anzunehmen, fliegt sofort. Darunter geht es nicht, das zeigt die West-Berliner Architekturgeschichte.

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