Die Kinotipps der Woche: Wagner Moura hat Paranoia in „The Secret Agent“

„Rote Stern überm Feld“, das recht anarchische Regiedebüt von Laura Laabs über ein nostalgisches Mecklenburg-Vorpommern, ist einer der seltsamsten, ambitioniertesten deutschen Filme der jüngeren Zeit.

Kerniger wird’s in „The Secret Agent“ über ein Brasilien in der Militärdiktatur und im Horror-Revival „Der Mann, der immer kleiner wurde“.

1 The Secret Agent

Es beginnt wie ein früher Film der Coen-Brüder. Eine Leiche liegt, notdürftig bedeckt, vor einer Tankstelle, schon seit Tagen. Es ist gerade Karneval in Recife. Aber auch die Polizisten, die auftauchen, interessieren sich mehr für den Neuankömmling als für die Leiche.

Die Gewalteskalation unter dem brasilianischen Militärregime wird mit fast komischer Stoik kaum zur Kenntnis genommen. Für eine Packung Zigaretten darf Armando weiterfahren.

So präzise wie der brasilianische Regisseur Kleber Mendonça Filho die Eröffnungsszene von „The Secret Agent“ inszeniert, so offen lässt er in den ersten knapp anderthalb Stunden (sein Film dauert 158 Minuten), in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Mendonça wurde dafür in Cannes ausgezeichnet, ebenso sein Hauptdarsteller Wagner Moura.

Es ist das Jahr 1977, die Militärdiktatur zieht die Schlinge immer enger um alles, was irgendwie nach Opposition aussieht. Es geht schon lange nicht mehr nur gegen den politischen Gegner, alle bereichern sich in dem korrupten System.

Eine paranoide Grundstimmung schwingt in den Panavision-Bildern von Evgenia Alexandrova mit. Konterkariert wird das latente Unbehagen durch die tropisch-saturierten Farben, die das Siebziger-Jahre-Kino heraufbeschwören.

Mendonça nimmt sich viel Zeit, um die politischen und sozialen Verflechtungen im Brasilien jener Epoche zu entwickeln, doch „The Secret Agent“ fühlt sich nie überladen an. Er bleibt bei aller Freude am Erzählen dicht und spezifisch in seinen Beobachtungen. (Andreas Busche)

2 How To Make A Killing

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Gut gemeinter geht es gar nicht. Regisseur Yigit (Serkan Kaya) will an den rechtsextremen Brandanschlag von Solingen erinnern. Und weil niemand Migranten so authentisch spielt wie Migranten, stammen die Komparsen aus einem Geflüchtetenheim.

Dass der Film-im-Film-Dreh in „Hysteria“ bald aus dem Ruder läuft, liegt am Authentizitätswahn des Regisseurs – oder an einer Unachtsamkeit der Requisite. In den verkohlten Kulissen des Solinger Wohnzimmers, das in einer Fabrikhalle nachgebaut wurde, entdeckten die Komparsen ein angekohltes Buch.

„Sie haben einen Koran verbrannt“, ruft Majid (Nazmi Kirik) entsetzt. Prompt wächst die Empörung. Der Kölner Filmemacher Mehmet Akif Büyükatalay verknüpft in dem subtilen Thriller gekonnt Suspense-Motive mit dem Diskursfeuer um Koranverbrennungen, Migranten und Ressentiments.

Ein verlorener Schlüssel und verschwundenes Filmmaterial entfachen ein Spiel des Täuschens, Ausspähens und Beschuldigens. Bei so viel gesellschaftlicher Spannung genügt ein Funke. (Gunda Bartels)

4 The Change

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Die Aktivistin Tine (Hannah Ehrlichmann) lässt über dem Reichstag rote Fahnen wehen, die Deutschlandflagge einholen. Nun muss sie vor der Staatsmacht fliehen, nach Mecklenburg-Vorpommern, Bad Kleinen. Dort wohnt ihr Vater Uwe (Hermann Beyer) und lässt das Leben an sich vorbeiziehen.

Er hadert mit den Verwerfungen der Geschichte, die er im Lauf seiner Jahre miterleben musste, nicht zuletzt wegen des Verschwindens seiner Frau.

Laura Laabs macht es dem Zuschauer in ihrem beim Filmfestival Max Ophüls Preis mit dem Preis der Filmkritik ausgezeichneten Regiedebüt nicht leicht: ästhetisch und thematisch. Mutter-Tochter-Geschichte, LPG und DDR-Romantik, der verunglückte Zugriff auf RAF-Terroristen im Juni 1993 am Bahnhof von Bad Kleinen, eine Moorleiche, Briefe aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Dachboden, Öko-Wahn, Neonazis, Benjamin-Zitate, die Engel der Geschichte.

Uff. Viele Ambitionen, viel Bedeutungsschwere, viel Ausufern. Ein Krimi nur am Rande, eher eine Zeitreise, eine andere Art Heimatfilm mit starken Darstellern und schwelgerisch-schönen Landschaftsbildern. (Markus Ehrenberg)

6 Der Mann, der immer kleiner wurde

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