Berlins Vergesslichkeiten: Wo bleibt eigentlich das „Archäologische Fenster“ am Roten Rathaus?
Derzeit köchelt das Skandal-Bauen in Berlin leise vor sich hin, aber sicher wird es wieder aufblubbern, jede Wette. Bis dahin gehen wir mal spazieren. Kürzlich am U-Bahnhof Rotes Rathaus. Ich erklärte einigen Freunden lokalpatriotisch erhoben, dass hier einmal eines der größten Rathäuser Nordostdeutschland stand, größer als das in Prenzlau und schon gar als jenes in Brandenburg / Havel. Size matters.
Mit einer richtigen Tuchhalle von 1320. Berlin war nämlich was im Mittelalter, auch wenn St. Marien das nicht wirklich zeigt. Offenbar war Berlin auch damals schon unfromm, wurde gekalauert. Also führte ich weiter nach St. Nikolai. Mit dieser Kirche konnte eine aufstrebende Stadt sich doch gut repräsentieren, oder?
Nicht ganz Brandenburger und Prenzlauer Format, aber immerhin. Vor allem der Hallenumgangschor – herrliches Wort, es bedeutet, dass die um den Chor gelegten Gewölbe fast genauso hoch sind wie dessen Gewölbe – ist ein feines Stück Architektur: dieses Profil, dieser Lichtfluss, dieser Klang …
Inspiriert von der Spandauer Nikolai-Kirche
Allerdings, es muss zugestanden werden (zum Hauptstädter gehört die umstandslose Anerkennung der Leistung anderer): Der Berliner Chor orientierte sich wie viele Stadtkirchen der Mark Brandenburg am Hallenumgangschor der Spandauer Nikolai-Kirche. Vor 25 Jahren erschien ein schönes Buch dazu, von Ernst Badstübner und Dirk Schumann herausgegeben (Lukas-Verlag, 36 Euro – immer noch ein gutes Geschenk für Regionalpatrioten).