Am Sonntag steht die Mitgliederversammlung an: So kommt Hertha BSC nicht zur Ruhe
Konstituierend für ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen sind Wahlen. Nicht Abwahlen. Mit Blick auf die anstehende Mitgliederversammlung von Hertha BSC ist dieser Hinweis vielleicht nicht ganz unwichtig.
Denn wenn die Mitglieder des Berliner Fußball-Bundesligisten am Sonntag in der Messe zum dritten Mal in diesem Jahr zu einer Mitgliederversammlung zusammenkommen, dann werden sie unter anderem über die Abwahl von Klaus Brüggemann, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, abstimmen. Nicht mal ein halbes Jahr, nachdem er erneut in das Gremium gewählt worden war.
Brüggemann, so heißt es in der Begründung des Antrags unter anderem, stehe „nicht für den Aufbruch“. Dass man den Vorsitzenden des Aufsichtsrats und sein Wirken kritisch sehen kann, ist jedem unbenommen.
Brüggemann hat sich im Frühjahr bei der Suche nach einem neuen Präsidenten sehr deutlich für Frank Steffel positioniert – und damit indirekt gegen den später gewählten Kay Bernstein. Steffel war Brüggemanns Kandidat, seine Idee und sein Vorschlag. Damit ist er krachend gescheitert. Reicht das nicht?
Offenbar nicht. Und das ist nicht gut für Hertha – weil der Antrag auf Abwahl wie eine nachträgliche Abstrafung wirkt. Vor allem aber, weil eine Abwahl nur das letzte Mittel sein sollte, die absolute Ausnahme.
Nicht zuletzt deshalb sieht Herthas Vereinssatzung für diesen Fall eine hohe Hürde vor. Für eine Abwahl reicht nicht etwa die absolute und schon gar nicht die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder; es bedarf einer Zustimmung von 75 Prozent.
Trotz dieser hohen Hürde sind Abwahlen oder zumindest ihr Versuch bei Hertha in jüngerer Vergangenheit eher die Regel als die Ausnahme gewesen.
Abwahlen sollten nicht zur Regel werden
Im Oktober 2020 wurde Werner Gegenbauer als Präsident wiedergewählt – nur sieben Monate später musste er sich einem Abwahlantrag stellen. In diesem Frühjahr wiederum sah sich das komplette Präsidium mit Abwahlanträgen konfrontiert. Und jetzt also Brüggemann.
Keiner der bisherigen Abwahlanträge – nicht gegen Gegenbauer, nicht gegen die sechs Mitglieder des Präsidiums – erhielt die notwendige Dreiviertelmehrheit. Nur bei Thorsten Manske, damals Herthas Vizepräsident, stimmte die Mehrheit der anwesenden Mitglieder im Mai für die Abwahl (64,2 Prozent). Er trat anschließend aus freien Stücken zurück, obwohl er eigentlich im Amt hätte bleiben können.
Nach seiner Wahl zum Präsidenten hat Kay Bernstein seinen vereinsinternen Widersachern das Angebot zur Zusammenarbeit unterbreitet. Er wolle vergessen, was vorher war, verkündete er.
Das hat dem zerstrittenen Verein gutgetan. Der Abwahlantrag gegen Brüggemann aber konterkariert den Wunsch nach Versöhnung. Vor allem rührt er an alten Wunden, die noch lange nicht so vernarbt sind, dass sie nicht ganz schnell wieder aufbrechen könnten.
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