Alpine Ski-WM: Den deutschen Skirennläufern fehlt der Killerinstinkt
Es sind die Kochkünste des Hoteliers im Mannschaftsquartier „Les Flocons“, die eines besonderen Lobes bedürfen. Das jedenfalls findet der Sportvorstand im Deutschen Skiverband, Wolfgang Maier. Er lässt keine Möglichkeit aus, von der Oase oben in Courchevel zu schwärmen, von den tollen Pisten und vor allem vom Essen. Aber die deutsche Mannschaft befindet sich ja nicht im Urlaub in den französischen Alpen, sondern um bei den Ski-Weltmeisterschaften gut abzuschneiden und die eine oder andere Medaille zu holen.
Der Koch musste am Donnerstag kein Festmenü zaubern, sondern es reichte − entsprechend dem Abschneiden der deutschen Schnellfahrer im Super-G – ganz gewöhnliche Hausmannskost anzubieten. Nur Andreas Sander hatte sich noch ein kleines Schmankerl, ein Dessert vielleicht, verdient. Als Neunter habe er „eine ordentliche Leistung“ gezeigt, findet Maier.
„Aber er hat mit seinen Möglichkeiten eine deutlich bessere Platzierung bei der Einfahrt in den Zielhang verspielt, weil er sich zu wenig dem Gelände angepasst hat.“ Sander selbst wähnt sich jetzt zumindest gut vorbereitet für die Abfahrt am Sonntag, weil er „viel Positives“ mitnehme, sagt der 33-Jährige vom SC Ennepetal. „Ich habe mein Setup gefunden, komme mit dem Schnee extrem gut zurecht, und der Grundspeed ist da.“
Der Rest war zum Vergessen. Josef Ferstl schied aus, Romed Baumann wurde 27., zwei Plätze dahinter landete Simon Jocher. Der kann allerdings mildernde Umstände geltend machen, weil er erst kurz vor der WM von einer längeren Verletzungspause zurückgekehrt war.
Der Kanadier James Crawford überrascht
Auf höherem Niveau, aber ähnlich enttäuscht, verließ der Überflieger dieser Saison den Zielraum. Der Schweizer Marco Odermatt, der vier von sechs Super-G-Rennen in dieser Saison für sich entschieden hatte und nie schlechter als Dritter gewesen war, ging mit Platz vier leer aus. Goldmedaillengewinner James Crawford hatte dagegen noch nie zuvor einen Super-G gewonnen. Der Kanadier war eine Hundertstelsekunde schneller als Aleksander Aamodt Kilde aus Norwegen. Dritter wurde der Franzose Alexis Pinturault, der bereits die Kombination gewonnen hatte.
Das Abschneiden der deutschen Mannschaft ist anders als die Besetzung der obersten Stufe des Podestes keine Überraschung, sondern spiegelt die bisherige Weltcup-Saison wider. Da kam auch manchmal einer durch, also unter die besten Zehn, aber der nächste Schritt, den sich die alpine Sparte des DSV nach der WM in Cortina vor zwei Jahren mit jeweils Silber in Abfahrt und Super-G erhofft hatte, blieb aus. Es scheint nach den Olympischen Spielen in Peking im vergangenen Jahr und dieser Saison, als ob die Erfolge damals in den Dolomiten schon die Schlusspointe gewesen war – statt eines Etappenziels auf dem Weg weiter nach oben.
Uns fehlen ab und zu ein bisschen die Killer.
Wolfgang Maier, Sportvorstand im Deutschen Skiverband
„Uns fehlen ab und zu ein bisschen die Killer“, stellte Maier fest. Es liegt sicher einerseits an der Persönlichkeitsstruktur der Athleten, andererseits stellt sich der DSV-Sportvorstand aber auch die Frage, ob sich Typen, „die den Charakter haben, das Risiko zu verdrängen und nur fokussiert sind auf das Ergebnis“, auch ausbilden lassen. Maier verweist auf die Norweger, die ihre Talente sehr früh in Wettkämpfen gegeneinander fahren lassen – und regelmäßig Siegfahrer in den Weltcup bringen. „Wir legen mehr Wert auf technische Ausbildung.“ Womöglich müsse man da nachschärfen, gibt er zu.
Für die aktuelle Mannschaft, glaubt er, ist es aber noch nicht zu spät, „dieses Wettkampf-Gen“ zu entwickeln. Zumal, wenn in Thomas Dreßen ein Athlet nach seiner Verletzung wieder in die Weltspitze vorstoßen kann, der schon bewiesen hat, die von Maier geforderten Killer-Qualitäten zu besitzen.
Als Vorbild könnte jene Mannschaft dienen, die sich noch vor zwei Jahren selbst ein Beispiel an den Deutschen genommen hat. Die Kanadier hatten wie einst der DSV erst wieder ein Abfahrtsteam aufbauen müssen. „Sie haben sich in einer gewissen Vehemenz in die Weltspitze gearbeitet“, findet Maier. Dabei die Deutschen überholt, vielleicht auch weil in Crawford einen haben, der immer weiß, worauf es ankommt. „Er hatte heute das optimale Timing und das Risiko, das man eingehen muss, wenn man ganz vorne sein will“, stellte Maier fest. Im Gegensatz zu seinen Läufern.
Zur Startseite