Alba Berlin kommt raus aus dem Teufelskreis

In den vergangenen Jahren war die Umsetzung der Theorie in die Praxis eine der großen Stärken von Alba Berlin. Das gilt natürlich auf der einen Seite für das spielerische Element, für Automatismen und einstudierte Kombinationen. Das gilt aber mindestens ebenso sehr für die Einstellung. Bei knapp 80 Spielen in einer Saison und minimalen Regenerationspausen ist es unmöglich, jeden zweiten Tag 40 Minuten lang mit voller Energie zu spielen. Deswegen ist die Dosierung enorm wichtig und der Vorsatz gerade in Spielen gegen vermeintlich unterlegene Gegner klar: dominant starten, Vorsprung erarbeiten, Kräfte sparen. In den vergangenen Saisons gelang das Alba gerade in den nationalen Wettbewerben gut – und der Sieg im Pokalviertelfinale am Samstag gibt Anlass zur Hoffnung, dass diese Berliner Stärke nicht verloren gegangen ist.

In Bayreuth führte Alba schon nach dem ersten Viertel 30:8, am Ende stand ein nie gefährdeter 84:57-Erfolg. Neben dem Einzug ins Final Four um den deutschen Basketball-Pokal freute sich Trainer Israel Gonzalez vor allem über die sehr gut verteilte Belastung. Alle zwölf Profis kamen zum Einsatz, Louis Olinde stand mit 21 Minuten am längsten auf dem Parkett und Vielspieler wie Luke Sikma konnten sich große Teile der Partie entspannt von der Bank aus anschauen. „Zum Glück haben wir jetzt fast den kompletten Kader wieder zur Verfügung und können so mit der Intensität spielen, die wir uns vorstellen“, sagte Gonzalez. Nur Christ Koumadje fehlte angeschlagen – eine willkommene Abwechslung zu den ersten Wochen der Saison, als zwischenzeitlich alle Center verletzt ausfielen.

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Gerade in dieser Phase musste sich Alba jeden Sieg hart erarbeiten und so gerät man schnell in einen Teufelskreis. Weil das Team müde ist, spielt es nicht so unbeschwert und intensiv. Das führt dazu, dass es bis zur letzten Minute kämpfen muss, wodurch wiederum die Erschöpfung noch größer wird. Mittlerweile scheinen die Berliner diese Schwierigkeiten weitgehend hinter sich gelassen zu haben. National hat Alba die letzten drei Spiele mit insgesamt 59 Punkten Vorsprung gewonnen und musste sich dabei nicht voll verausgaben.

Der Sieg gegen Bayreuth war auch für die Moral sehr wichtig, denn der Euroleague-Auftritt am vergangenen Donnerstag gegen Anadolu Efes Istanbul hatte nicht gerade für gute Stimmung gesorgt. „Wir hatten ein Scheißspiel gegen Efes“, befand Olinde bei „Magentasport“. Daraus habe das Team aber die richtige Motivation gezogen. „Wir haben uns gesagt: Das ist ein Do-or-Die-Spiel, da müssen wir mit Energie rauskommen – und am Anfang haben wir uns gleich den wichtigen Vorsprung geholt.“ Marco Baldi lobte vor allem die Nervenstärke der Mannschaft. „Das erste, was man in der Saison verlieren kann, ist der Pokal“, sagte der Berliner Manager der dpa. „Wir standen unter Druck und das war wirklich eine sehr, sehr starke Vorstellung.“

Durch den Sieg steht Alba zum zehnten Mal in Folge mindestens im Halbfinale des Pokals – und das, obwohl das Team in der ersten Runde gegen Bonn schon fast ausgeschieden war. Das Final Four ist für den 19. und 20. Februar terminiert, die Auslosung fand am Sonntagabend nach Redaktionsschluss statt. Das Ziel der Berliner ist aber unabhängig vom Gegner. „Wenn man Pokalsieger werden will, muss man alle schlagen – und wir wollen Pokalsieger werden“, sagte Olinde. Da am Sonntag Titelverteidiger Bayern München überraschend gegen Chemnitz ausschied, ist Alba nun klarer Favorit.

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Bis zum Final Four ist es allerdings noch ein weiter Weg. Nicht so sehr im Pokal, wo nur noch zwei Siege fehlen, sondern in den anderen beiden Wettbewerben. Insgesamt 31 Mal sind die Berliner in BBL und Euroleague noch im Einsatz, bevor es in drei Monaten um den ersten Titel der Saison geht. Da ist es verständlich, dass der Fokus nach dem Sieg gegen Bayreuth schnell wieder auf das Tagesgeschäft gelegt wurde. In dieser Woche warten gleich drei Auswärtsspiele: Am Mittwoch gastieren die Berliner in der Euroleague bei Zenit St. Petersburg, am Freitag in Kasan, bevor es zum Abschluss am Sonntag in der Bundesliga nach Ulm geht. Bei solch einem Programm ist es sehr hilfreich, wenn man die Reise nicht schon völlig ausgelaugt beginnt.

Den leichten Aufwärtstrend der letzten Wochen will Alba nun fortsetzen. Nach dem durchwachsenen Saisonstart scheint sich die Mannschaft immer mehr zu stabilisieren Das sieht auch Baldi so, doch der Manager warnt auch vor möglichen Rückschlägen: „Es ist ein weiter Weg und natürlich machen wir da Schritte. Aber es wird nicht immer nur kerzengerade nach vorne gehen.“