Drei Lampen für ein Halleluja
Es war fast ein bisschen so wie bei der Rateshow „Eins, zwei oder drei“. Als Sarah Köhler nach ihrem Rennen über 1500 Meter Freistil anschlug, hoffte sie auf eine kleine Erleuchtung. Nach dem Motto: Ob du eine Medaille hast oder nicht, sagt dir gleich das Licht. Dann blinkten tatsächlich drei Lämpchen am Startblock über ihrer Bahn, spätestens jetzt war der 27 Jahre Schwimmerin klar, dass sie bei den Olympischen Spielen die Bronzemedaille gewonnen hatte.
Hinter Topfavoritin Katie Ledecky und deren US-Landsfrau Erica Sullivan schwamm Köhler in 15:42,91 Minuten auf Platz drei und damit auf das Siegerpodest. Als letzter deutscher Beckenschwimmerin war das im Jahr 2008 Britta Steffen bei Olympia gelungen. „Ich bin stolz wie eine ältere Schwester auf ihre jüngere. Sie hat das fantastisch gemeistert“, sagte Steffen nach Köhlers Rennen der Deutschen Presse-Agentur. Beide verbindet noch aus Aktivenzeiten eine gute Freundschaft.
Auch Stunden nach dem Erfolg strahlte Köhler immer noch über das ganze Gesicht. „Ich bin sehr stolz, dass mir das gelungen ist. Da ist schon eine große Last von mir abgefallen“, sagte sie in einer Online-Presserunde am späten Abend Ortszeit. Bei den Weltmeisterschaften 2019 hatte sie schon Silber über die nun erstmals auch olympischen 1500 Meter gewonnen und deshalb auch Medaillenhoffnungen mit nach Tokio gebracht.
Doch im Vorlauf lief es nicht ganz wie geplant, sie schwamm nur die sechstbeste Zeit. „Deswegen war ich schon sehr nervös“, erzählte sie. Im Finale war sie dann aber zehn Sekunden schneller und verbesserte auch ihren deutschen Rekord um rund sechs Sekunden. „Das war bisher das Rennen meines Lebens“, sagte sie danach.
Ihr Leben bestand zuletzt vor allem aus Schwimmen. Als Olympia im vergangenen Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie verschoben werden musste, zog die Jura-Studentin direkt nach und verlegte auch ihr Staatsexamen um ein Jahr nach hinten. Auch deshalb sagte sie am Mittwoch: „Die Arbeit der letzten 15 Jahre hat sich auf jeden Fall gelohnt.“
Seit 2018 trainiert sie in Magdeburg mit Florian Wellbrock, mit dem sie inzwischen verlobt ist
Alles fing in ihrem kleinen Heimatort Bruchköbel an, auch damals gab es schon Bronze für sie in Form des Jugendschwimmabzeichens. Sie wechselte nach Frankfurt, dort wurde ihr Talent erkannt. Auf der Eliteschule des Sports in Heidelberg konnte sie sich weiterentwickeln, der richtige Durchbruch gelang ihr dann aber erst in Magdeburg. Seit 2018 trainiert sie dort unter anderem mit Florian Wellbrock, mit dem sie inzwischen verlobt ist.
„Ich habe ihn kurz angerufen, als ich von der Siegerehrung kam. Er war sehr gefasst, hat sich aber sehr gefreut“, erzählte sie. Köhler und Wellbrock gelten als das Traumpaar im deutschen Schwimmsports, in Tokio aber betonen beide immer wieder, wie wichtig ihnen das Schwimmteam als Ganzes ist. „Im Vorbereitungscamp war die Stimmung schon sehr gut. Wir haben die Zeit trotz der Einschränkungen gut genutzt und ich habe mich auch nicht wie im Gefängnis gefühlt“, sagte Köhler.
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Die Schwimmer scheinen sich in Japan tatsächlich eine kleine Wohlfühloase geschaffen zu haben, schon vor Köhlers Medaille gab es einige starken Leistungen. „Henning war mit seinem guten Vorlauf und Platz vier schon ein sehr, sehr guter Einstieg“, erinnerte Köhler an den Auftritt von Henning Mühlleitner über 400 Meter Freistil.
Auffällig ist, dass die deutschen Schwimmer vor allem auf den langen Distanzen wieder den Anschluss an die Weltspitze geschafft haben. Ein Verdienst, das auch auf Bundestrainer Bernd Berkhahn zurückfällt. „Wir gucken immer, woran wie arbeiten können und was international vielleicht anders gemacht wird. Es geht darum, einen Schritt voraus zu sein“, sagte Köhler.
Sätze wie diese hatte man von den deutschen Schwimmern lange nicht gehört. Nun sehen sie wieder Licht, wenn es wirklich zählt – kurz nach dem Ende eines Rennens.