„Sie verachten den Staat“: Wotan Wilke Möhring kämpft im furiosen „Tatort“ gegen die Mocro-Mafia
Blutspuren in einem leer stehenden Campingwagen in der deutsch-niederländischen Grenzregion, die auf ein rätselhaftes Verschwinden des verdeckten Ermittlers Carsten Kellmann aka Joe Glauning hinweisen. Bundespolizist Thorsten Falke und sein neuer Kollege, Cyber-Kriminalist Mario Schmitt, sollen aufklären.
Gemeinsam mit ihrer niederländischen Kollegin Lynn de Baer (Gaite Jansen) finden Falke (Wotan Wilke Möhring) und Schmitt (Denis Moschitto) Indizien für eine blutige Gewalttat, nicht wissend, ob der verdeckte Ermittler entführt wurde oder ob er zur Mocro-Mafia und ihrem gefürchteten Chef, dem inhaftierten Ahmed Saidi, übergelaufen ist.
Zwei Länder, zwei Ermittler, zwei Folgen – der NDR schickt zur Einführung von Falkes neuem Kollegen eine XXL-Ausgabe ins Rennen: „Tatort: Ein guter Tag/Schwarzer Schnee“ (Sonntag, ARD 20:15 und 21:45 Uhr) und bläst die Geschichte um Drogenhandel, Geldwäsche, Gangsta-Rap und einen Vater-Sohn-Konflikt im Mafia-Clan mächtig auf.
Gemeinsam findet das deutsch-niederländische Ermittler-Trio am Ende der ersten Folge den schwer gefolterten und nun offenbar verrückt gewordenen Kellmann (grandios im Identitätswechsel: Andrei Viorel Tacu), der einen Kompagnon im Auftrag der Mocro-Mafia umgebracht zu haben scheint.

© NDR/Georges Pauly
Die Ermittler kommen im Zusammenhang mit weiteren Auftragsmorden einem geplanten Geschäft der Mocro-Mafia in Emden auf die Spur. Dieses hat Karim Saidi, der Rapper-Sohn des inhaftierten Paten der Mocro-Mafia, initiiert, worauf der verdeckte Ermittler Joe Glauning bei seinen Recherchen gestoßen war.
Sie nehmen uns nicht ernst. Und sie verachten den Staat.
Falkes Kollegin Kollegin Lynn de Baer über jugendliche Auftragskiller und die Mocro-Mafia, die mit Rauschgifthandel, Entführungen und Auftragsmorden aus den Niederlanden aktiv ist, auch in NRW und Niedersachsen.
Es hat schon leichtere Jobs für Falke/Möhring gegeben, nicht nur wegen des überlangen „Tatorts“. Der neue Kollege Schmitt ist mit seiner Vorliebe für Vanilletabak, Powernaps und InEar-Kopfhörern bei der Arbeit (er hört Denkmusik von U2, die den präfrontalen Kortex stimulieren soll) mindestens genauso gewöhnungsbedürftig wie der in der Psychiatrie inhaftierte, scheinbar verrückte, aber möglicherweise übergelaufene verdeckte Ermittler, bei dem der Schlüssel zur Mafia liegen müsste.
Das Ganze wirkt leicht überschnappt, bigger than life, basiert aber auf einer „Spiegel“-Titelgeschichte von Jürgen Dahlkamp, der über die bedrohlichen Entwicklungen in unserem Nachbarland Niederlande im Zusammenhang mit einer verfehlten Drogenpolitik geschrieben hat. Stichwort: „War on drugs“.
Folterungen, Attentate, Explosionen, jugendliche Auftragskiller, die Ermordung von Starjournalisten und Rechtsanwälten, eine horrende Missachtung des Staates im Zusammenhang mit illegalen Drogengeschäften – man kann es kaum kleiner haben. Immerhin ein plausibler Hintergrund für 180 klassisch erzählte, spannende „Tatort“-Minuten, routiniert inszeniert von „Tatort“-Neuling Hans Steinbichler.
Die Auflösung des Falles ist großes Kino. Man darf allerdings gespannt sein, wie Falke, der harte Hund mit weichem Kern und „Rolling-Stones“-Klingelton auf dem Handy, mit der Denkmusik seines neuen nerdigen Kollegen klar kommt. Bauch und Kopf gehen selten gut.