Ein Puzzle mit zu wenigen Teilen: Hertha BSC und die gravierenden Personalprobleme
Ein lauter, satter Husten dröhnte über den Schenckendorffplatz. Bei solchen Geräuschen werden sie bei Hertha BSC im Moment gleich hellhörig und auch ein bisschen nervös. Aber in diesem Fall bestand keine Gefahr für die Allgemeinheit. Es war Pal Dardai, der gehustet hatte.
Der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten hat es schon hinter sich. Vor zwei Wochen hatte es Dardai erwischt. Der Husten ist ihm noch geblieben, aber ansteckend ist er inzwischen nicht mehr.
Das ist eine beruhigende Nachricht für die Berliner, die gerade mitnehmen, was mitzunehmen ist. „Die ganze Situation in den letzten fünf, sechs Wochen ist sehr schwierig“, hat Dardai am Sonntag nach dem 2:1-Erfolg seiner Mannschaft im Auswärtsspiel bei der Spielvereinigung Greuther Fürth gesagt.
Corona, Grippe, Norovirus. Und am Wochenende war es dann ein Magen-Darm-Infekt, der Linus Gechter und Smail Prevljak kurzfristig außer Gefecht setzte. Beide waren für die Startformation eingeplant. Gechter sollte den gelbgesperrten Kapitän Toni Leistner in der Viererkette ersetzten, Prevljak für den unter Kniebeschweren leidenden Mittelstürmer Haris Tabakovic spielen.
So wurde das Puzzle, das Dardai am Sonntag zusammensetzen musste, noch ein bisschen kniffliger. Auf den ersten Blick und den Namen nach wirkte die Startelf mehr als konkurrenzfähig, aber einige der Spieler waren vor nicht langer Zeit selbst noch krank oder verletzt gewesen und daher nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte.
Fabian Reese zum Beispiel, der in Fürth erstmals seit dem Pokal-Achtelfinale gegen den Hamburger SV am Nikolaustag wieder in der Startelf stand. Dass bei ihm die Kraft bis zum Ende reichen würde, galt als so gut wie ausgeschlossen, und tatsächlich wurde Reese ausgewechselt. In der sechsten Minute der Nachspielzeit. „Für mich war es keine Option, früher rauszugehen, auch wenn es am Ende zäh war“, sagte er, „aber meine Beine haben mich getragen.“
Ich weiß nicht, welche Mannschaft am Freitag spielt.
Herthas Trainer Pal Dardai über die Personalprobleme vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg
Reese feierte den Sieg – wie das ganze Team – geradezu ausgelassen. Es war der erste im Jahr 2024 und der erste nach insgesamt fünf vergeblichen Versuchen. Der Erfolg stand diesmal über allem, deshalb hatte Trainer Dardai für das Spiel eine maximal pragmatische Herangehensweise gewählt. „Ich habe die Entscheidung getroffen: Wir brauchen den Ball nicht“, sagte er.
Hertha stand hinten sicher, lauerte auf Konter und gewann am Ende dank zweier Standardtore. Erst traf Innenverteidiger Marc Kempf per Kopf nach einer Ecke, dann nach einem Freistoß, ebenfalls per Kopf. Aber es passte in die Gesamtsituation, dass er nach seinem zweiten Treffer mit dem Fuß umknickte, ausgewechselt werden musste und nun auch erst einmal ausfällt. Kempf selbst ging nach dem Spiel von 14 Tagen Pause aus.
Eine MRT-Untersuchung bestätigte am Montag den ersten Verdacht. Der Abwehrspieler hat sich eine von Hertha nicht näher spezifizierte Bänderverletzung zugezogen.
Am Morgen nach dem Spiel in Fürth konnte Pal Dardai gerade mal acht Feldspieler und einen Torhüter zum Spiel-Ersatztraining begrüßen. So gering war die Trainingsbeteiligung wahrscheinlich noch nie. Und bereits am Freitag steht für die Berliner das Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg an. „Heute sind wir sehr froh“, hatte Dardai nach dem Erfolg in Fürth gesagt, „aber ich weiß nicht, welche Mannschaft am Freitag spielt.“
Toni Leistner steht nach abgebüßter Gelbsperre zwar wieder für die Innenverteidigung zur Verfügung. Dafür sah Florian Niederlechner in Fürth kurz vor dem Ende Gelb-Rot und fällt damit gegen Magdeburg aus. Am Sonntag lief er in Vertretung von Tabakovic und Prevljak als Mittelstürmer auf. Ob und wer von ihnen für Magdeburg eine Option ist, das ist derzeit schwer zu sagen. Am Montag fehlten beide. Tabakovic trainierte immerhin individuell.
In Fürth gab Ibrahim Maza, 18, in den letzten Minuten sein Saisondebüt – nachdem er erst am Freitag in der U 23 sein Comeback nach seiner Verletzung aus der Sommervorbereitung gefeiert hatte. Und für Kempf kam der ebenfalls 18 Jahre alte Tim Hoffmann aufs Feld, der erstmals überhaupt in einem Pflichtspiel für die Profis auflief.
So standen in den letzten Minuten bei Hertha drei 18-Jährige auf dem Feld. „Einige Führungsspieler waren nicht auf dem Platz, aber die junge Garde hat großartig performt. Und auch den Krankheitsfällen haben wir getrotzt“, sagte Fabian Reese.
Tim Hoffmann war am Abend vor dem Spiel beim Mannschaftsabend der U 23, als er die Info bekam, dass er am nächsten Morgen um sieben Uhr nach Fürth würde nachreisen müssen. Seine Mutter begleitete ihn. „Er kommt rein und hat sauber verteidigt“, sagte Trainer Dardai. „Das ist schön.“