Pal Dardais Wünsche werden wahr: Hertha BSC und das kleine Weihnachtswunder

Pal Dardai war mit den Planungen für Weihnachten in diesem Jahr besonders früh dran. Berlin machte noch Sommerurlaub, da hatte der Trainer von Hertha BSC seinen Wunschzettel fürs Fest schon fertig. Fünfter oder Sechster wolle er zu Weihnachten mit seiner Mannschaft sein, um in der Rückrunde vielleicht doch noch einen Anlauf Richtung Wiederaufstieg in die Fußball-Bundesliga nehmen zu können. „Lasst uns Weihnachten hier sitzen und uns noch eine Chance nach oben haben“, sagte Dardai unmittelbar vor dem Start der Saison.

Wenige Wochen später sah es nicht so aus, als würde sein Wunsch in Erfüllung gehen. Hertha verlor die ersten drei Spiele und war auch in der Zweiten Liga zwischenzeitlich Tabellenletzter. Aber so wie es im Moment aussieht, erleben die Berliner nach dem verkorksten Saisonauftakt tatsächlich ihr kleines Weihnachtswunder.

Vor allem gemessen an der Ausgangslage im Sommer. „Man hat wirklich ein paar Wochen überlegt: Überleben wir oder nicht? Vierte oder Zweite Liga?“, sagt Pal Dardai mit Blick zurück auf die Zeit, als Hertha ernsthaft um die Lizenz bangen musste und ein Kader allenfalls in Spurenelementen vorhanden war.

Ein knappes halbes Jahr später sieht die Welt tatsächlich ganz anders aus. Platz sechs zur Halbzeit der Saison ist möglich. Und was noch viel wichtiger ist als die Platzierung: Der Punkteabstand auf die Aufstiegsränge wäre – einen Sieg von Hertha im letzten Spiel des Jahres vorausgesetzt – alles andere als unüberwindlich. „Diese Chance ist schneller gekommen, als ich gedacht habe“, sagt Dardai.

Mit den 24 Punkten, die Hertha aktuell hat, ist der Trainer bereits zufrieden. Bei 27 wäre er „mehr als zufrieden“. Dazu braucht es zum Abschluss der Hinrunde an diesem Samstag (13 Uhr, live bei Sky) einen Heimsieg gegen den VfL Osnabrück, der nach 16 Spieltagen mit gerade acht Punkten auf dem letzten Tabellenplatz liegt. Eine ebenso dankbare, wie komplizierte Aufgabe. „Natürlich kann das gefährlich werden“, sagt Dardai.

Denn auch wenn Osnabrück am vergangenen Wochenende einen Punkt gegen den Tabellenführer St. Pauli, die vermeintliche Übermannschaft der Zweiten Liga, ergattert hat, droht die Gefahr, dass die Berliner den Aufsteiger unterschätzen. Zudem fürchtet Trainer Dardai, dass seine Spieler unterbewusst schon mit einem Urlaubsgefühl auf den Platz gehen. Die Runde war lang und intensiv, „wir müssen auch unsere letzte Reserve mobilisieren“, sagt er.

Wir sind stabil. Wir werden besser. Eine Spielphilosophie ist erkennbar, und wir entwickeln uns jeden Tag weiter.

Herthas Sportdirektor Benjamin Weber

Der Ungar erwartet „ein richtiges Zweitligaspiel“, eklig und intensiv, auf tiefem Boden, mit vielen zweiten Bällen und viel Körperkontakt. Im Training unter der Woche hat er versucht, seine Mannschaft auf die Herausforderungen einzustellen. Denn nachdem sich Hertha in den vergangenen Wochen ans obere Tabellendrittel herangerobbt hat und seit acht Spielen ungeschlagen ist, wäre alles andere als ein Heimsieg schon fast eine Enttäuschung.

Das letzte Spiel des Jahres hat für Herthas Sportdirektor Benjamin Weber daher „eine große Bedeutung“. Es gehe darum, „jetzt nicht nachzulassen“ und nicht mit einem unguten Gefühl aus einem Jahr zu gehen, das nach dem Abstieg und dem holprigen Saisonstart zuletzt doch noch eine erfreuliche Wende genommen hat. „Wir sind mit der Entwicklung zufrieden“, sagt Weber. „Wir sind stabil. Wir werden besser. Eine Spielphilosophie ist erkennbar, und wir entwickeln uns jeden Tag weiter.“

Trainer Dardai sieht Verbesserungspotenzial vor allem in der Defensive, beklagt bei allen Fortschritten auch weiterhin „dieses naive defensive Verhalten“. Das Angriffsspiel hingegen ist bereits aufstiegsreif. Obwohl Hertha an den ersten drei Spieltagen kein einziger Treffer gelang, stellt die Mannschaft derzeit mit 33 Toren die zweitbeste Offensive der Liga. Nicht einmal die Flaute von Mittelstürmer Haris Tabakovic fällt da stärker ins Gewicht.

In der Liga ist der Bosnier seit 402 Minuten ohne Tor, nur in einem der jüngsten zehn Spiele hat er getroffen. Beunruhigt ist Pal Dardai deswegen noch nicht. „Ich habe so ein Gefühl, dass er am Wochenende nicht ein Tor schießt, sondern zwei“, sagt er. Mal sehen, ob sein Gespür in diesem Fall genauso gut ist wie bei seinen Wünschen für Weihnachten im Sommer.