Es war einmal eine Festung: Nenad Bjelica will dem 1. FC Union Berlin die Heimstärke wiedergeben
Das Stadion An der Alten Försterei war einmal eine Festung. Aktuell ist das schwer zu glauben, schließlich spazierten die Gegner in den vergangenen Monaten gerne mal fröhlich mit einem 3:0-Auswärtssieg vom Rasen. Doch es ist gar nicht so lange her, da bissen sich selbst die ganz Großen des deutschen und des internationalen Fußballs die Zähne am 1. FC Union und der wuchtigen Köpenicker Atmosphäre aus.
In der vergangenen Bundesliga-Saison blieben die Berliner im eigenen Stadion ungeschlagen, gegen Borussia Dortmund gab es seit dem Aufstieg im Sommer 2019 gleich mehrere Sternstunden. Mit späten Toren am letzten Spieltag qualifizierte sich Union dreimal in Folge für das internationale Geschäft und ließ das Stadion erbeben. In der Europa League feierte der Klub im vergangenen Frühjahr einen 3:1-Sieg gegen den früheren Champions-League-Sieger Ajax Amsterdam.
Doch diese Zeiten wirken mittlerweile so weit entfernt wie der letzte Sonnenbrand am Mittelmeerstrand. Der letzte Heimsieg datiert vom 20. August, seitdem holte das Team im Stadion An der Alten Försterei nur einen Punkt, unter dem Interimsduo Marco Grote und Marie-Louise Eta vor zwei Wochen gegen den FC Augsburg. Der Ausgleichstreffer von Kevin Volland war das einzige erzielte Tor in diesem Zeitraum.
Da kommt der neue Trainer Nenad Bjelica mit seinem Selbstbewusstsein gerade richtig. „Meine Teams sind immer stark zu Hause“, sagt der 52 Jahre alte Kroate vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag (15.30 Uhr, Sky). „Heimspiele werden immer ein Vorteil für uns sein.“ Ein Blick in die Statistik gibt Bjelica recht.
Khedira kehrt zurück, Becker fehlt weiter
Allein bei seinen letzten drei Stationen Trabzonspor, NK Osijek und Dinamo Zagreb gewann er 76 von 101 Heimspielen, und das bei nur acht Niederlagen. Dementsprechend offensiv klang Bjelica bei der Pressekonferenz vor seinem ersten Bundesligaspiel als Trainer. „Wir wollen gewinnen“, sagt er.
Durch die schneebedingte Absage des Auswärtsspiels beim FC Bayern München am vergangenen Samstag hatte Bjelica endlich Zeit, um seine neue Mannschaft besser kennenzulernen und in Ruhe mit ihr zu trainieren. Nach einem freien Montag begann die Vorbereitung auf das wichtige Spiel gegen Gladbach. „Es war die erste Woche, in der wir gut arbeiten konnten“, sagt Bjelica und zeigt sich sehr zufrieden mit seinen Spielern. „Die Jungs waren sehr fleißig, sehr intensiv.“
Seine erste Analyse der mentalen Verfassung des Teams hat ihn aber veranlasst, das Training nicht mit neuen Ideen zu überfrachten. „Die Mannschaft befindet sich momentan in einem Zustand, in dem wir auch nicht zu viel Informationen geben wollen“, sagt Bjelica und verweist auf die 19 Pflichtspiele, die Union seit Saisonbeginn bereits absolviert hat. Gerade mental hat der intensive und erfolglose Herbst Spuren hinterlassen, was nicht zuletzt beim schwachen Auftritt trotz Überzahl in Braga deutlich wurde.
Der Trainer hat sich deshalb auf viele Gespräche und kleinere Impulse beschränkt. Auch wenn man in so kurzer Zeit nicht alles habe umsetzen können, sei die Mannschaft für Samstag gut vorbereitet. „Die Spieler haben alles gut umgesetzt und wissen, was die Idee ist, was wir im Spiel wollen“, sagt Bjelica.
Taktisch dürfte sich im Vergleich zu Bjelicas Debüt nicht viel verändern. In Braga spielte Union in einem 4-1-4-1, und nach drei Spielen Sperre darf Rani Khedira die Rolle als Stabilisator vor der Abwehr nun auch in der Liga wieder ausfüllen. Für Sheraldo Becker kommt das Spiel noch zu früh, Danilho Doekhi wird in diesem Jahr gar nicht mehr zum Einsatz kommen. Bjelica ist dennoch zuversichtlich, dass er seine Heimstärke sofort auf das Team übertragen kann: „Ich suche keine Alibis.“