Deutsche Basketballer stehen im WM-Halbfinale: Teamleistung kompensiert schwachen Schröder

Die Körpersprache von Dennis Schröder sprach Bände. Mit gesenkten Schultern trottete der Kapitän der deutschen Basketball-Nationalmannschaft über den Platz, den Blick leicht gesenkt. Erst im dreizehnten Versuch gelang ihm im WM-Viertelfinale gegen Lettland der erste Treffer. „Fuck“, rutschte es ihm heraus, entnervt zerrte er an seinem Trikot.

Ausgerechnet Schröder, der den Court sonst betritt wie Hubert Aiwanger den Gillamoos, schlurfte mehr über das Parkett, als dass er lief. Im Stand wippte er hin und her, die Hände in die Hüfte gestemmt. Nur bei vier von 26 Versuchen traf er insgesamt aus dem Feld. Nichts schien ihm an diesem Tag zu gelingen. „Das war wahrscheinlich das schlechteste Spiel, das ich je gespielt habe“, befand Schröder selbst.

Über das gesamte Spiel hinweg tat sich die deutsche Mannschaft schwer gegen stark aufspielende Letten, die zuvor bereits Weltmeister Spanien und Vize-Europameister Frankreich besiegt hatten. Am Ende gewann Deutschland in einem Kraftakt und mit einer guten Portion Glück mit 81:79 (36:34).

„Dennis ist menschlich, er hatte ein schweres Spiel. Unsere zweite Einheit hat uns heute getragen und das Spiel gedreht“, sagte Bundestrainer Gordon Herbert. Dazu gehörte vor allem Rückkehrer Franz Wagner.

Franz Wagner dirigiert bei seiner Rückkehr das Spiel

Nach seiner Knöchelverletzung im Auftaktspiel gegen Japan kam Wagner nach etwa fünf Minuten von der Bank zu seinem Comeback und avancierte zum Leistungsträger. Seine Genesung hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Mit 16 Punkten führte er das deutsche Team nicht nur mit Treffern, sondern auch mit seiner Einstellung zum Sieg.

Auch sein Bruder Moritz (12 Punkte) und Andreas Obst (13 Punkte) konnten die Leistung des schwächelnden Schröder kompensieren. „Dennis hatte ein schweres Spiel. Dass wir trotzdem das Spiel gewinnen, zeichnet diese Mannschaft aus“, sagte Obst.

Wir haben als Team gut zusammengespielt, das hat am Ende den Unterschied gemacht.

Franz Wagner, Mitglied des DBB-Teams

Dennis Schröder war über das gesamte Turnier hinweg vorangegangen, überragte mit seinen Leistungen, hatte die Mannschaft als Kapitän geführt und das Spiel mit seinem Auftreten und seinen Ansagen koordiniert. Noch in einigen Vorbereitungsspielen zur Weltmeisterschaft wirkte das deutsche Team deutlich uninspirierter, wenn ihr Kapitän nicht auf dem Platz stand.

Die Impulse gingen maßgeblich auf Schröder zurück. Dass man sich gegen Lettland nun trotzdem durchsetzen konnte, unterstreicht die Entwicklung, die das Team von Gordon Herbert im Laufe des Turniers vollzogen hat und macht deutlich, dass es mehr ist als nur Dennis Schröder. „Wir haben aber als Team gut zusammengespielt, das hat am Ende den Unterschied gemacht“, sagte Franz Wagner.

2002

qualifizierte sich Deutschland zum letzten Mal für ein WM-Halbfinale.

Erneut profitierte Deutschland von der Tiefe des Kaders, Spieler wie Johannes Thiemann, Isaac Bonga oder Maodo Lo überzeugten im Laufe der Weltmeisterschaft auch von der Bank aus. „Now show some personality, please!“, raunte der Trainerstab während eines Time-outs.

Die Ansage schien zu fruchten. Mit viel Kampf und Einsatz rettete sich das DBB-Team zum ersten Mal seit 2002 in ein WM-Halbfinale und hat damit auch die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris geschafft.

Als einziges ungeschlagenes Team trifft das DBB-Team nun im Halbfinale am Freitag (14.40 Uhr/Magentasport) auf Top-Favorit USA. „Wir haben in der Vorbereitung einmal gegen sie gespielt und haben es 35 Minuten gut gemacht“, sagte Herbert im Hinblick auf das Duell. „Wir werden besser spielen müssen als heute.“

Im Vorfeld der WM gab es nach langer Führung eine knappe Niederlage. Nun fehlt nur noch ein Sieg aus zwei Spielen für die zweite Medaille der deutschen WM-Geschichte.

Nach dem erlösenden Abpfiff sprang das deutsche Team auf der Bank euphorisch auf, Dennis Schröder schüttelte ungläubig den Kopf und hielt müde seine Hand zum Handshake hin. Es bildete sich eine Traube, Schröder in der Mitte. Kopftätscheln, Rückenstreicheln. Und Schröder konnte letztlich doch nicht anders, als sich ein Lächeln abzuringen.