Zeichen für den Frieden

Man sieht ihr die Altersspuren an, die von einer bedeutsamen Vergangenheit zeugen: Die Berliner Zionskirche ist ein historischer Ort. Unter dem Nazi-Regime setzte sich der Theologe Dietrich Bonhoeffer dort gegen die Diktatur ein, bis er im KZ Flossenbürg auf persönliche Anordnung Hitlers umgebracht wurde.

Insbesondere Bonhoeffers Satz „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen“ ist in die Geschichtsbücher eingegangen. Der Tehologe appellierte an die Mitverantwortung der Christen, sich der verfolgten Juden anzunehmen. Auch in der DDR spielte die Zionskirche eine wichtige Rolle.

Mitte der 1980er Jahre trafen sich dort oppositionelle Gruppen wie der Frieden- und Umweltkreis der Zionsgemeinde. An diese Tradition des Widerstands soll nun angeknüpft werden: 2021 startete die Ausstellungsreihe „Points of Resistance“, die nun mit „Skills for peace“ in die vierte und letzte Runde geht.

Frieden ist ist verbindendes Element der Menschheit

Geplant lange bevor der Ukraine-Krieg begann, kommt der Ausstellung nun eine umso stärkere Bedeutung zu. Frieden ist, so lautet es im Programm, verbindendes Element der Menschheit. Jahrtausendelang wurden Kriege um Werte geführt – und werden es noch. Die Welt braucht Friedensbotschaften, in diesen Tagen. Dass Kriege uns alle zu Verlierern macht, ist für Putin auch im 21. Jahrhundert noch keine selbstverständliche Erkenntnis.

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Die Kuratoren Constanze Kleiner und Stephan von Wiese, Ausstellungmacherin Rachel Ritts-Volloch und Galerist Daniel Marzona präsentieren in Zusammenarbeit mit dem britischen Kurator David Elliot im gesamten Kirchenraum Werke national und international bekannter Künstler:innen.

Katharina Sieverdings überdimensionale Fotografie-Diptychen, an den beiden Seitenschiffemporen angebracht, blicken den Besucher:innen entgegen. Die eigentlich verglasten Selbstporträts, die im September 2021 in der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule in der Auguststraße ausgestellt waren, spiegelten unbeabsichtigt den Innenhof der Schule und, etwas weiter entfernt, die jüdische Synagoge.

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Dadurch wurden die Selbstbildnisse zum vielschichtigen Erinnerungswerk: Sieverding steht im Wortsinn die traurige Geschichte der Schüler:innen ins Gesicht geschrieben. Diese wurden bis 1942, dem Jahr ihrer Deportation ins Vernichtungslager, dort unterrichtet.

Die Kohlefelder von Donezk

Die etwas weniger prominent ausgestellte, aber nicht weniger eindrucksvolle Fotografie des ukrainischen Künstlers Arsen Savadov zeigt Industriearbeiter der Kohlefelder von Donezk. Die halbnackten Männer sind rußbedeckt und tragen Ballerinakleider, eine groteske Mischung. Ihre Blicke sind stechend, anklagend.

1997 entstanden, scheint das Bild eine traurige Entwicklung vorhergesehen zu haben. Denn seit 2014, als der Krieg im Donbas losging, ist die Kohleförderung in der Ostukraine um etwa 60 Prozent zurückgegangen. Dadurch verloren viele Menschen ihre Arbeit. Savadovs Fotografie, Teil seiner Bilderreihe „Donbass-Chocolate“, drückt das Leid der Menschen in der Ostukraine aus, ausgelöst auch durch die unrechtmäßige Besetzung durch russische Separatisten.

[Zionskirche, bis 1. Mai, Mo-Sa 14-18 Uhr, So und Feiertag bis Ostern 12-16 Uhr, So und Feiertag nach Ostern 12-18 Uhr.]

Hinter den Kirchenbänken laufen auf drei Fernsehern Filme ukrainischer Künstler:innen. Dieses Video-Programm, kuratiert von ukrainischen Kunstkritikerin Kateryna Filyuk, nimmt auf das aktuelle Geschehens Bezug. Unter anderem ist hier Dana Kavelinas 20-minütiges, surreales Anti-Kriegs-Film-Gedicht zu sehen, eine Videomontage von Amateurfilmmaterial aus dem Donbas-Krieg und animierten Segmenten.

Graphic Novel von Sofia Kolovskaya

Die Kurator:innen bieten den Besuchern der Ausstellung auch die Möglichkeit, konkrete Unterstützung für ukrainische und russische Künstler:innen und Kulturschaffende zu leisten, die ausgebombt wurden oder geflohen sind. Hierfür wird Sofia Kolovskayas Graphic Novel „How I entered the forest“ zum Verkauf angeboten, die Erträge gehen vollständig an die Künstler:innen.

Kolovskaya floh mit ihrer Mutter, die wegen Unterzeichnens einer Anti-Kriegs-Petition verhaftet werden sollte, aus St. Petersburg. Constanze Kleiner und Stephan von Wiese betonen, dass sie sich vehement gegen die pauschale Ablehnung russischer Künstler:innen aussprechen.

Es gehe in ihrem Projekt nicht um nationale Zugehörigkeiten, so von Wiese. „Points of resistance“ wird auch nach dieser Schau fortbestehen: Stefan Rincks „Lastenbär“, Ausstellungsstück einer der vorherigen Reihen, hält auf dem Kirchenvorplatz die Stellung.