„Wir sind sehr frustriert“: Keine One-Love-Binde – Fifa setzt sich gegen nationale Verbände durch
Die Fifa hat sich durchgesetzt: Die nationalen Fußballverbände, die an der Aktion für Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit beteiligt sind, nehmen Abstand von der One-Love-Binde.
Der Grund: Die angedrohten Sanktionen gegen die Mannschaftskapitäne bei der Fußball-WM in Katar. Das erklärten die Verbände aus England, Wales, Belgien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz in einem Statement.
„Die Fifa hat sehr deutlich gemacht, dass sie sportliche Sanktionen verhängen wird, sollten unsere Kapitäne die Binde auf dem Spielfeld tragen. Wir können als nationale Verbände unsere Spieler nicht in die Position bringen, Strafen inklusive Sperren zu erhalten, weshalb wir sie gebeten haben, die Binde nicht zu tragen“, heißt es da.
Die Verbände seien darauf vorbereitet gewesen, Geldstrafen zu zahlen, die angedrohten persönlichen Strafen gegen ihre Kapitäne ändern nun aber die Situation.
Unsere Spieler sind enttäuscht und werden ihre Unterstützung auf anderen Wegen zeigen.
Statement der nationalen Fußballverbände
„Wir sind sehr frustriert wegen der beispiellosen Entscheidung der Fifa. Wir hatten bereits im September darum gebeten, die Binde tragen zu dürfen, haben aber nie eine Antwort erhalten. Unsere Spieler sind enttäuscht, weil sie klare Verfechter von Gleichberechtigung sind, und werden ihre Unterstützung auf anderen Wegen zeigen.“
Fifa begründet Verbot mit Regularien
Die Fifa begründete das Verbot mit den anerkannten WM-Regularien. Explizit hob der Verband in einer Mitteilung vom Montag den Artikel 13.8.1 der Ausrüstungsregeln hervor: „Für FIFA-Finalwettbewerbe muss der Kapitän jeder Mannschaft eine von der FIFA gestellte Armbinde tragen.“
Als Folge könnten die Spielführer der Teams nun mit vom Weltverband bereitgestellten Armbinden auflaufen. Diese sollen an jedem Spieltag eine andere Antidiskriminierungs-Botschaft verbreiten. Der erste Spieltag stand zunächst unter dem Motto „Fußball verbindet die Welt“. Am Montag zog der Weltverband jedoch den für das Viertelfinale geplanten Slogan „Keine Diskriminierung“ vor. Das Tragen der Motto-Binde ist nicht verpflichtend.
Als erstem Kapitän drohte Englands Kane eine Strafe
Der erste Kapitän, der während der Endrunde offen gegen die FIFA-Regularien verstoßen hätte, wäre Englands Harry Kane im Spiel am Montag um 14 Uhr gegen Iran gewesen. Auch Manuel Neuer wollte beim WM-Auftakt des deutschen Teams am Mittwoch gegen Japan die One-Love-Binde tragen.
DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte bereits am Sonntag von Meinungsverschiedenheiten mit der Fifa gesprochen, aber noch geäußert: „Wir haben gesagt, wir bleiben dabei, dass wir mit der Binde auflaufen. (…) Wir haben mit langem Vorlauf die Fifa immer wieder darauf hingewiesen, dass wir mit dieser Binde auflaufen wollen, es gab keine Reaktion der FIFA dazu.“ Nach Beratungen am Montag änderten die Verbände ihre Meinung.
Die Verbände hatten die Kampagne im September angekündigt. Frankreichs Kapitän Hugo Lloris hatte frühzeitig angekündigt, die Binde nicht zu tragen.
Die FIFA hatte erst am Freitag eigene neue Kapitänsbinden vorgestellt – zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel. „Die teilnehmenden Mannschaften erhalten während der Spiele über die Armbinden der Mannschaftskapitäne die Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln“, teilte der Weltverband mit. Die Botschaften hat die FIFA laut Mitteilung gemeinsam mit drei Organisationen der Vereinten Nationen erdacht.
Die Fan-Organisation Football Supporters’ Association (FSA) kritisierte die Fifa scharf. „Heute werden sich LGBT+-Fußballfans und ihre Verbündeten wütend fühlen. Heute fühlen wir uns verraten“, schrieb die FSA in einem Statement. „Heute empfinden wir Verachtung für eine Organisation, die ihre wahren Werte unter Beweis gestellt hat, indem sie den Spielern die gelbe Karte und der Toleranz die rote Karte gezeigt hat.“
Die englische Abkürzung LGBT+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans-Menschen. „Nie wieder sollte eine Fußballweltmeisterschaft ausschließlich auf der Grundlage von Geld und Infrastruktur vergeben werden. Keinem Land, das bei LGBT+-Rechten, Frauenrechten, Arbeitnehmerrechten oder einem anderen universellen Menschenrecht zu kurz kommt, sollte die Ehre zuteilwerden, eine Fußballweltmeisterschaft auszurichten“, hieß es. (Tsp, dpa)
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