Wiederentdeckung eines Piranesi-Albums: Was Flecken, Knicke und Fingerabdrücke verraten

Ruhm und Ehre kassierte er allein. Auch heute gilt Giovanni Battista Piranesi als einer der berühmtesten italienischen Radierer und Architekten. Er mag die Ideen gehabt haben, vieles aber wurde ihm zugearbeitet. Das zeigt die neue Datenbank „In Piranesis Werkstatt“, die die Kunsthalle Karlsruhe nun freigeschaltet hat mit neuesten Forschungsergebnissen.

Ausgelöst wurde die interdisziplinäre Forschung durch einen Zufallsfund. 2014 entdeckte Georg Kabierske – damals Praktikant an der Kunsthalle – im Archiv zwei Alben, in die fast 300 Zeichnungen eingeklebt waren. Der junge Kunsthistoriker war überzeugt, dass sie aus Piranesis Werkstatt stammen – und hatte Recht.

Seither haben Kunsthistoriker und Konservatoren die Blätter analysiert, darunter die Restauratorin Irene Brückle, der darauf entdeckte Fingerabdrücke, Flecke, Knicke und verwischter Kreidestaub neue Einblicke in die Arbeitsweise der Werkstatt gaben. So weisen Einstichlöcher auf die Nutzung von Zirkeln hin oder Fettspuren auf die verwendeten Stifte.

Da die Bände so lange im Depot lagen, seien sie „knapp 200 Jahre unberührt“ gewesen und sei nun „erstmals mit Indizien belegbar, dass Piranesi viel Unterstützung gehabt hat“, sagt Brückle.

Dass die Zeichnungen also nicht immer von Piranesi stammen, sondern von ihm häufig nur korrigiert und verändert wurden, ist aus Sicht des Teams kein Manko. Im Gegenteil entspreche der Fund einem Verständnis von Kunst, das auch das Umfeld der Künstler berücksichtigt.

„Piranesi ist der Ideengeber“, sagt die Kunsthallen-Direktorin Pia Müller-Tamm, „aber nicht notwendigerweise der, der den Zeichenstift geführt hat.“

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