Verwaltungsgericht weist Eilantrag des 1. FC Union zurück
Urs Fischer schaute nach links, delegierte die Frage weiter an den ausnahmsweise bei der Pressekonferenz anwesenden Klubpräsidenten Dirk Zingler und sagte dann den vielleicht einzigen Satz, auf den sich momentan alle Angestellten, Verantwortlichen und Fans des 1. FC Union einigen können: „Ich hätte gerne ein volles Haus!“
Dass es das am Samstag (15.30 Uhr) beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg nicht geben würde, war bereits klar. Doch auch Unions Plan, das Stadion An der Alten Försterei mit 18.000 Zuschauern zumindest deutlich mehr zu füllen als bei den bisherigen Heimspielen dieser Saison, ist gescheitert. Am Donnerstagnachmittag wies das Verwaltungsgericht Berlin den Eilantrag des Vereins zurück.
„Wir akzeptieren die Entscheidung des Verwaltungsgerichts“, sagte Zingler. Auf eine mögliche Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg will Union verzichten. Der Verein hatte sich am Dienstag ans Verwaltungsgericht gewandt, weil die Senatsverwaltung für Inneres und Sport bis dahin nicht über einen entsprechenden Antrag entschieden hatte.
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„Wichtig ist, dass wir Rechtssicherheit bekommen. Wir brauchen klare Regeln für Veranstalter, für Besucher – die fehlen momentan“, hatte Zingler wenige Stunden vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gesagt. Union hält die Beschränkung auf maximal 50 Prozent der Zuschauerkapazität in der Berliner Infektionsschutzverordnung für nicht mehr gerechtfertigt und forderte aufgrund der Fortschritte der Impfkampagne sowie der pandemischen Lage eine 80-prozentige Auslastung.
Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht. Die Personenobergrenze sei „derzeit noch als geeignet anzusehen“, hieß es in der Begründung des Verwaltungsgerichts. Außerdem „sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller die Möglichkeit habe, die Personenobergrenze durch Anwendung der 2G-Bedingung zu vermeiden“.
Diese lehnt Unions Vereinsführung momentan jedoch ab – eine in der Fanszene sehr umstrittene Entscheidung. Bei den Köpenickern liegt zurzeit einiges im Argen. Nicht sportlich, denn in der Bundesliga steht Union als Siebter hervorragend da und auch in DFB-Pokal sowie Conference League ist der Verein im Soll. Doch im Umfeld brodelt es, dafür braucht man sich nur bei den Fans umhören oder in den Sozialen Medien umschauen.
Seit Beginn der Pandemie hat Union schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt, von Medien und Fans anderer Vereine gab es Kritik. Aus den eigenen Reihen hielt sich diese jedoch meist in Grenzen. Das ist nun anders. Die Frage nach dem Umgang mit Impfunwilligen ist eines der großen Themen dieser Tage – und wird auch bei Union heftig diskutiert. „Wir erkennen ja, dass es die Menschen umtreibt, und da ist die Union-Gemeinschaft nicht anders als die Gesellschaft“, sagte Zingler.
Dass der Verein Getesteten den Zugang nicht verwehren will, obwohl beim 2G-Modell eine Vollauslastung möglich wäre, bekräftigte der Präsident erneut. Die Frage sei, wie man mit denjenigen umgehe, die sich nicht impfen lassen wollen. „Unser Klub hat entschieden, diesen Menschen keine fast unüberwindbaren Hürden in den Weg zu stellen“, sagte Zingler. Wenn man sie ausschließe, erreiche man sie gar nicht mehr.
Diese Rücksichtnahme auf eine Minderheit, die freiwillig auf eine Impfung verzichtet, sehen viele Union-Fans sehr kritisch. Teilweise wurde in den Sozialen Medien schon angeregt, diesen Unmut am Samstag im Stadion zum Ausdruck zu bringen. Zingler wich Fragen nach der Kritik der Fans zwar aus, ist sich dieser aber sicher bewusst.
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Vielleicht auch deshalb betonte er eine Sache sehr eindringlich. „Ich bin geimpft, meine Familie ist geimpft, bei Union sind über 90 Prozent geimpft. Niemand hier im Klub sieht das Impfen nicht als wichtig in der Pandemiebekämpfung an“, sagte Zingler. Man müsse aber auch akzeptieren, wenn sich Menschen nicht impfen lassen wollten. Er halte den Versuch für falsch, diese mit Druck überzeugen zu wollen, „dafür steht unser Klub nicht zur Verfügung“.
Vielmehr sieht er den Staat in der Pflicht, klare und nachvollziehbare Regeln zu schaffen. Daran mangele es aktuell, vor allem in der Hauptstadt. „Nur das Land Berlin hat diese starre Regelung, die immer wieder auf Druck ein bisschen nachgebessert wird“, sagte Zingler. Leider müsse man mit der „handwerklichen Qualität der Berliner Gesundheitsverwaltung“ leben. Folge sei eine Verunsicherung. „Niemand weiß mehr, was angemessen ist“, sagte Zingler. Das hat das Verwaltungsgericht nun geklärt.