Packendes Derby mit sieben Toren: Der HSV besiegt St. Pauli mit 4:3
Die Rauchschwaden hatten sich gerade etwas verzogen, sodass die Fans des Hamburger SV vor der Nordkurve zu sehen bekamen, wie eine Flanke von Sebastian Schonlau an den langen Pfosten durchrutschte zu Bakery Jatta, der den Ball im Tor vom FC St. Pauli unterbrachte. Dem HSV reichten in einem packenden Hamburger Derby der Zweiten Fußball-Bundesliga mit sieben Toren zwei gute Aktionen, um einen Rückstand zu drehen und diesen bis zum Ende nicht mehr abzugeben.
Vor 56.400 Zuschauenden im ausverkauften Volksparkstadion gewann der Gastgeber mit 4:3 (1:1). „Ich finde, dass beide Mannschaften ein sehr gutes Spiel gemacht haben. Bis zum Ende haben wir alles investiert und ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft“, bilanzierte HSV-Trainer Tim Walter. „Heute genießen wir den Derbysieg.“
Nachdem beiden Teams in der letzten Woche die Generalprobe vor dem Derby misslungen war mit Niederlagen gegen Eintracht Braunschweig und Kaiserslautern, veränderte HSV-Trainer Tim Walter seine Mannschaft auf drei Positionen. Fabian Hürzeler brachte bei seinem ersten Derby als Cheftrainer von St. Pauli zwei Neue im Vergleich zur Niederlage gegen Braunschweig. So durften Eric Smith und Aremu Afeez von Beginn an ran, was auf eine defensivere Ausrichtung hindeutete als zuletzt.
Tatsächlich gehörte die Anfangsphase, was Ballbesitz, Torchancen und Zweikampfverhalten anging, dem HSV. St. Pauli brauchte etwas Zeit zur Akklimatisierung, wohl auch wegen der ohrenbetäubend lauten Heimkulisse im Volksparkstadion, in dem das Hamburger Derby zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie wieder vor ausverkauftem Haus stattfinden konnte. „Die Zuschauer waren grandios und wir wollten ihnen heute einen Sieg geben“, sagte Walter.
Der erste wirklich gefährliche Abschluss konnte dann aber St. Pauli nach zehn Minuten für sich verbuchen. Nach einem Zuspiel von Manolis Saliakas kämpfte sich Oladapo Afolayan über rechts in den Strafraum. Sein Linkschuss landete aber knapp neben dem kurzen Pfosten am Außennetz.
Auf der anderen Seite eine ähnliche Situation fünf Minuten später, diesmal vergab Sonny Kittel aus aussichtsreicher Position für den HSV. Nur eine Minute danach wurde es dann plötzlich ganz still im Stadion. Afolayan hatte sich nach einem Solo über rechts durchgesetzt und den Ball im langen Ek untergebracht für die Gäste. Dabei hatte er aber Miro Muheim im Gesicht erwischt, weshalb Schiedsrichter Sven Jablonski das Tor nicht gab.
Nach einer knappen halben Stunde beruhigte sich die Partie etwas. Der HSV übernahm wieder die Spielkontrolle und versuchte ruhig von hinten aufzubauen. Umso überraschender kam St. Pauli in der 36. Minute zum Führungstreffer. Nach einem missglückten Befreiungsschlag kam der Ball über Irvine zu Lukas Daschner in der Spitze, der am Strafraum auf den einlaufenden Manolis Saliakas auf rechts ablegte. Dieser fackelte nicht lange und traf ins kurze Eck. Da sah HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes nicht ganz glücklich aus.
Die Energie von den Rängen, die sich in der ersten halben Stunde auch auf das Spielgeschehen übertragen hatte, ließ in der Folge etwas nach. Als es schon nach einer knappen Halbzeitführung St. Paulis aussah, brach doch noch der Jubel von Rängen los. Jonas David trug sich mit einem Traumtor aus 22 Metern in die Torschützenliste ein und sorgte für den Ausgleich. „Der schönste Treffer meiner Karriere. Wir haben Pauli mit unserer Wucht überrascht und waren heute das bessere Team“, sagte David nach Abpfiff.
Fünf Tore allein in der zweiten Halbzeit
Nach dem Seitenwechsel machte der Gastgeber da weiter, wo er aufgehört hatte und ging in der 48. Minute durch Jatta in Führung, begünstigt von einer schlafenden Defensive des Teams von St.-Pauli-Trainer Hürzeler. Anschließend wirkte der HSV gelöst und drängte auf den nächsten Treffer. Lange dauerte es nicht, bis der Ball erneut im Tor von Schlussmann Nikola Vasilij einschlug. Zunächst hatte er den Kopfball aus fünf Metern von HSV-Stürmer Robert Glatzel noch halten können, beim Nachschuss von Moritz Heyer war er aber machtlos.
Danach brauchte St. Pauli etwas, um sich zu berappeln und kam durch den eingewechselten Connor Metcalfe Mitte der zweiten Halbzeit erst wieder zu zwei guten Gelegenheiten. Der HSV hingegen tat nicht mehr ganz so viel im Spiel nach vorne, sodass St. Pauli in der 71. Minute folgerichtig zum Anschlusstreffer durch den ebenfalls eingewechselten Elias Saad kam.
Eric Smith vergab eine Viertelstunde vor Schluss noch die beste Gelegenheit auf den Ausgleich für St. Pauli, der nach Chancen zu diesem Zeitpunkt verdient gewesen wäre. Schließlich kam St. Pauli auch zu seinem Treffer durch Jackson Irvine zehn Minuten vor Abpfiff. Sekunden zuvor hatte aber Jakov Medic mit einem Eigentor dafür gesorgt, dass St. Pauli weiter einem Rückstand nachlaufen musste.
Der HSV verteidigte in den letzten Minuten dann leidenschaftlich das eigene Tor und brachte den knappen Vorsprung ins Ziel. „Wir haben zu viele Gegentore bekommen und zu viele individuelle Fehler gemacht. Der HSV hat seine Torchancen heute genutzt, wir waren im Verteidigen individuell nicht gut genug“, sagte Hürzeler. Während St. Pauli die Hoffnungen auf einen der oberen drei Plätze durch die Derbyniederlage abhaken muss, darf der HSV, der nun erstmal auf Platz zwei vorrückt, weiter vom Aufstieg träumen.