Hertha BSC verdient sich ein 1:1 in Mainz
Wenn eine Fußball-Mannschaft zwei Wochen lang nur auf dem Trockenen hat trainieren können, ist es nicht ungewöhnlich, dass der Umgang mit dem Ball anfangs kompliziert ist. So war das auch im Spiel des Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC, der am Montagabend in Mainz sein erstes Spiel nach14 Tage in häuslicher Quarantäne bestreiten durfte.
Es waren erst wenige Minuten vorüber, als es ein gutes Beispiel mangelhafter Ballbeherrschung zu beobachten gab. Die Situation war aussichtsreich, aber fünf Meter vor dem gegnerischen Tor trat der Stürmer nicht gegen, sondern auf den Ball. Seltsamerweise hieß der Stürmer Jean-Paul Boetius – und spielt für Mainz 05.
Man muss, gerade in unglücklichen Zeiten, eben auch mal Glück haben. Unglücklich sind die Zeiten für Hertha BSC, und Glück hatten die Gäste in Mainz in einigen Situationen, vor allem vor der Pause. Glücklich war das 1:1 (1:1) am Ende aber keineswegs, sondern durchaus verdient. Hertha überzeugte als Team, Hertha überzeugte durch eine kämpferische Haltung und spielte, zumindest punktuell, einen durchaus gepflegten Ball. „Eigentlich bin ich sehr zufrieden“, sagte Trainer Pal Dardai.
„Das war mehr, als ich erwartet habe.“
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Sportdirektor Arne Friedrich hatte erwartet, dass es zumindest „am Anfang ein bisschen ruckelig“ werden könnte. Das hofften wohl auch die Mainzer, die alles unternahmen, um den Gästen aus Berlin die Wiedereingliederung in den Spielbetrieb nach insgesamt 23 Tagen ohne Spiel so schwer wie möglich zu machen. Die 05er, so etwas wie das Team der Stunde in der Bundesliga, begannen schwungvoll, attackierten hoch und ließen die Berliner kaum zur Ruhe kommen.
Boetius hatte im Anschluss an einen Einwurf die erste gute Chance, als er eigentlich frei zum Schuss hätte kommen können und auf den Ball trat. Eine Minute nach seiner kläglich vergebenen Gelegenheit erhielt er die Chance zur Rehabilitation. Erneut nach einem Einwurf, den Sami Khedira unfreiwillig verlängert hatte. Diesmal traf der Holländer die Unterkante der Latte. Kurz darauf rettete Alexander Schwolow im Berliner Tor gegen den frei vor ihm auftauchenden Adam Szalai.
Hertha war nach Standards gefährlich
Hertha stand sehr tief und hatte es dadurch schwer, sich dem Tor der Mainzer anzunähern. Gefährlich wurden die Berliner daher zunächst nur durch Standardsituationen, die sonst nicht unbedingt zu ihren Stärken gehören. Niklas Stark kam im Anschluss an die erste Ecke relativ frei zum Kopfball, setzte den Ball aber am Tor vorbei.
Auch die recht überraschende Führung der Gäste resultierte aus einem Standard. Nach einem Freistoß aus dem Halbfeld von Marton Dardai köpfte Lucas Tousart zum 1:0 ein. Es war das nicht nur der erste Assist des 19 Jahre alten Innenverteidigers, es war auch das erste Bundesligator für den Franzosen Tousart. Es gibt sicherlich einen schlechteren Zeitpunkt.
Das 1:0 ließ den Ärger der Herthaner verfliegen. Sie hätten sich für das Foul des Mainzer Innenverteidigers Stephan Bell an Matheus Cunha, das dem Freistoß vorausgegangen war, die Gelb-Rote Karte gewünscht. Aber die Freude über die Führung währte nicht lange. Zum einen, weil Cunha gleich darauf die Möglichkeit zum 2:0 recht kläglich vergab; zum anderen weil Phillipp Mwene aus knapp 20 Metern mit einem feinen Schlenzer in den Winkel zum 1:1 traf.
Ein Spiel mit vielen Offensivaktionen
Es war in der ersten Halbzeit ein, gemessen an den Umständen, durchaus amüsantes Spiel mit vielen Offensivaktionen. Nach der Pause ließ der Unterhaltungswert deutlich nach. Erst nachdem Herthas Trainer Pal Dardai nach einer Stunde gleich drei Mal gewechselt hatte, wurde es wieder etwas aufregender. Zunächst vor dem Berliner Tor, weil sich der gerade eingewechselte Dedryck Boyata von Karim Onisiwo düpieren ließ, der dann aber aus spitzem Winkel am glänzend reagierenden Schwolow scheiterte. Dann auf der anderen Seite, wo Cunha den Mainzer Torhüter Robin Zentner zum Fliegen brachte.
Auch körperlich konnte Hertha mithalten. „Unser Athletiktrainer hat uns durch die Wohnung gescheucht“, sagte Schwolow. „Von der Luft hatten wir keine Probleme, bis zum Schluss Gas zu geben.“ Je länger das Spiel dauerte, desto gefährlicher wurden die Gäste sogar, weil Mainz mit Macht auf Sieg spielte und damit Räume öffnete, die Hertha zumindest im Ansatz gut bespielte. Aber die Berliner brachten die Angelegenheit nicht konzentriert genug zu Ende.
Zehn Minuten vor Schluss war Hertha sehr, sehr nah dran, doch der gerade erst eingewechselte Krzysztof Piatek brachte das seltene Kunststück fertig, den Ball aus drei Metern am Tor der Mainzer vorbeizulenken. Spätestens jetzt konnte von Glück keine Rede mehr sein. (Tsp)