Einöden der Einsamkeit: Norbert Elias über das Sterben

Auch der Tod hat eine Geschichte – aber welche? In seiner Schrift „Über die Einsamkeit der Sterbenden in unseren Tagenkorrigiert der Soziologe Norbert Elias recht frontal den französischen Historiker Philippe Ariès, der in seiner berühmten „Geschichte des Todes behauptet, dass der Tod in der Vormoderne ein ‚gezähmter‘ gewesen sei.

Umgeben von Familie und Freunden habe der Sterbende dem Tod gefasst ins Auge gesehen, Sterben sei als sozialer Prozess verlaufen. Falsch, so Elias, Ariès habe nicht verstanden, dass seine Quellen – Epen, Ritterromane und Ähnliches – Idealisierungen darstellten, keinesfalls ein reales Geschehen.

Demgegenüber sieht Elias das Ende des Lebens eingebunden in das Entwicklungsmodell, das er in „Über den Prozess der Zivilisation (1978) als kontinuierliche Einhegung vitaler Lebensäußerungen beschrieben hatte: So werde auch der Tod „hinter die Kulissen des Gesellschaftslebens verlegt. Für die Sterbenden selbst bedeutet dies, dass auch sie in höherem Maße hinter die Kulissen verlagert, also isoliert werden.“