„Die Spieler haben alle das Herz am rechten Fleck“: Frühlingsgefühle statt Tristesse beim 1. FC Union Berlin
Rückblicke in den Herbst stehen beim 1. FC Union Berlin nicht sonderlich hoch im Kurs. Der Himmel war grau, die Stimmung noch viel trister. Am 4. November empfingen die Köpenicker Eintracht Frankfurt im Stadion An der Alten Försterei und dieser unglückliche Nachmittag markierte das letzte verzweifelte Aufbäumen gegen das Unvermeidliche.
Präsident Dirk Zingler sprach Urs Fischer im Stadionheft das Vertrauen aus, die Fans feierten den Trainer mit ohrenbetäubenden Rufen und die Ultras verbaten sich jegliche Kritik vonseiten der „Presseschweine“. Union verlor dennoch mit 0:3, es war die zwölfte Niederlage in Folge – und das letzte Heimspiel unter Fischer. Anderthalb Wochen später trennten sich Union und seine Schweizer Trainerlegende.
An diesem Sonnabend (15.30 Uhr, Sky) treffen die Berliner wieder auf die Hessen. Das Wetter rund um das Frankfurter Waldstadion soll mit 22 Grad deutlich angenehmer sein und das gilt auch für die Stimmung bei Union. Die Ära Fischer endete nach dem 11. Spieltag auf Rang 18 mit nur sechs Punkten, seitdem sind 22 Zähler dazugekommen und die Berliner befinden sich auf dem besten Weg zum Klassenerhalt.
„Ich bin stolz, was die Mannschaft in diesen 14 Spielen mit mir geleistet hat“, sagt Nenad Bjelica. Der kroatische Trainer hat eine Anlaufzeit gebraucht und wandelte bei seinem Aussetzer gegen Leroy Sané in München am Rande der schnellen Entlassung. Mittlerweile scheint es zwischen Bjelica und der Mannschaft allerdings immer besser zu passen. „Nach dreieinhalb Monaten lache ich schon, in den ersten zwei Monaten habe ich wenig gelacht“, sagte der Trainer kürzlich scherzend in der Pressekonferenz.
Die Spieler haben alle das Herz am rechten Fleck, jeder gibt von Beginn an Gas.
Dino Toppmöller, Trainer von Eintracht Frankfurt, über den 1. FC Union
Die positive Stimmung ist ganz wesentlich mit dem Ergebnisaufschwung der letzten Wochen und Monate verbunden. In der Rückrundentabelle ist Union Siebter, nur zwei Punkte hinter dem FC Bayern und drei vor dem kommenden Gegner Frankfurt.
Union spielt wieder eklig und das ist auch Eintracht-Trainer Dino Toppmöller nicht verborgen geblieben. „In der ersten Saisonhälfte haben sie weit unter ihren Möglichkeiten gespielt, unter dem neuen Trainer haben sie sich stabilisiert“, sagte Toppmöller. „Die Spieler haben alle das Herz am rechten Fleck, jeder gibt von Beginn an Gas.“
Die Einstellung ist auch für Bjelica der Schlüssel. Die Mannschaft lief und kämpfte zwar auch im Herbst vorbildlich, doch sie war keine unerschütterliche Einheit mehr wie in besten Tagen. Mittlerweile ist die Stabilität zurück, auch das Selbstverständnis wird immer größer. „Jeder hat tolle Leistung gebracht, auch die Spieler, die nur für fünf oder zehn Minuten gekommen sind“, sagt Bjelica. Das zeigt, dass sie sich unterordnen können.“ Das habe die Mannschaft jahrelang ausgezeichnet „und ist wieder da“.
Union tritt wieder „Union-like“ auf, wie sie es im Klub gerne ausdrücken, allerdings auf einem durchschnittlichen Niveau. Während das Team in den vergangenen Jahren konstant besser war als die Summe der Einzelteile, performen die Berliner aktuell in etwa so, wie es der Kader eigentlich erwarten lässt. Es gibt keine großen Ausreißer nach unten, jedoch auch keine nach oben. Gegen die Top sechs der Bundesliga ist Union in dieser Saison noch ohne Punkt – bei einem Torverhältnis von 2:24.
Frankfurt steht in der Tabelle auf dem sechsten Rang, am Sonnabend bietet sich Union also die Chance, die Erfolglosigkeit gegen die Topteams zu beenden. „Frankfurt kämpft um Europa und ist ein sehr unangenehmer Gegner“, sagt Bjelica. „Aber wir wollen an die Leistung gegen Bremen anknüpfen und rechnen uns Chancen aus.“