Die Heimserie gegen den BVB endet mit einem 0:3
Marco Reus war nicht gerade freundlich empfangen worden im Stadion An der Alten Försterei. Viele Fans des 1. FC Union tragen dem Dortmunder Kapitän immer noch nach, dass er beim Duell der beiden Klubs in der vergangenen Saison im Strafraum allzu leicht zu Boden ging. Die Pfiffe vor Spielbeginn hatte Reus deutlich vernommen – und nach seinem Treffer zum 2:0 hielt er sich vor der Waldseite demonstrativ die Hand ans Ohr.
Unions Fans pfiffen weiter und brüllten später „Reus, du Penner“, während dieser beim Interview stand. Doch das störte an diesem Sonntagnachmittag weder den BVB-Kapitän noch seine Kollegen. Denn Borussia Dortmund gelang im dritten Versuch erstmals ein Sieg bei Union. Durch das 3:0 (2:0) vor 10.000 Zuschauern verkürzt der BVB den Rückstand auf Tabellenführer Bayern München auf sechs Punkte. Union fällt nach der zweiten Niederlage in Folge auf Rang sieben zurück. „Es war ein verdienter Sieg, aber in der Höhe ein Stück zu hoch“, sagte BVB-Trainer Marco Rose.
Bedingt durch positive Corona-Tests und die Sperre von Rani Khedira musste Urs Fischer seine Mannschaft auf fünf Positionen umstellen und so rückte Sven Michel bei seinem Heimdebüt gleich in die Startelf. In der Anfangsphase ließen die Dortmunder den Ball ruhig laufen und waren nach der krachenden Niederlage gegen Leverkusen vor einer Woche darauf bedacht, sich erstmals etwas Sicherheit zu holen. Union versuchte nach Ballgewinn schnell umzuschalten. Mit den zwei Stürmern Michel und Taiwo Awoniyi sowie Levin Öztunali und Sheraldo Becker, die aus dem Mittelfeld immer wieder in die Tiefe gehen sollten, hatten die Berliner genügend Tempo auf dem Feld. Nach einem Pass von Awoniyi hatte Becker dann auch die erste Chance, traf den Ball aber nicht richtig.
Es war ein ordentlicher Beginn und wirklich sattelfest wirkte die zuletzt stark kritisierte Dortmunder Abwehr nicht, doch nach und nach erhöhten die Gäste den Druck. Jude Bellingham spielte einen scharfen Diagonalball in den Strafraum, wo Oczipka in letzter Sekunde vor Julian Brandt klärte. Dann lud Robin Knoche den BVB mit einem Fehlpass zum Kontern ein, doch Donyell Malens Abschluss war unsauber. Solch eine Chance hätte sich der verletzte Erling Haaland wohl nicht entgehen lassen, doch die Dortmunder kamen erst gar nicht dazu, mit dem Fehlen ihres Torjägers zu hadern. Denn diese Rolle übernahm am Sonntag Reus.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Nach einem guten Pass des spielstarken Raphael Guerreiro konnte Knoche den BVB-Kapitän zwar stören, doch über Mahmoud Dahoud kam der Ball umgehend zu Reus zurück und mit einem strammen Linksschuss ließ er Andreas Luthe im Berliner Tor keine Chance. Union reagierte mit einer Kopfballchance von Awoniyi, musste aber nur wenige Minuten später bereits den zweiten Treffer verdauen.
Es sah nicht wirklich gut aus für Union
Bei einem langen Ball von Dan-Axel Zagadou wurden Knoches Geschwindigkeitsdefizite im Laufduell mit Malen offensichtlich. Im folgenden Zweikampf gingen der Niederländer und Oczipka zu Boden, Reus schnappte sich den freiliegenden Ball, umkurvte Luthe und schoss zum 2:0 ein. Die Union-Fans im Stadion wollten ein Offensivfoul von Malen erkannt haben, doch der Videoassistent hatte nichts zu beanstanden.
Es sah nicht wirklich gut aus für Union. Die Berliner zeigten zwar keine schlechte Leistung, hatten im Gegensatz zu den beiden Heimsiegen gegen Dortmund aber nicht das von Fischer im Vorfeld erwähnte Spielglück. Außerdem fehlte die Stabilität, die für einen Erfolg gegen einen solche Gegner unverzichtbar ist. Dortmund hatte das Geschehen im Griff, gänzlich chancenlos war Union dennoch nicht. Nach einer Flanke von Christopher Trimmel legte Michel mit der Brust ab und Bastian Oczipka scheiterte an einer exzellenten Parade von Gregor Kobel.
[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
So ging es mit 2:0 in die Pause und es sprach nicht viel für eine Aufholjagd. Der BVB verpasste es allerdings, das Spiel mit eigenem Ballbesitz zu kontrollieren oder mit dem dritten Tor endgültig zu entscheiden. Das Duell wurde eher noch wilder und für Union ergaben sich mehrere Überzahlsituationen, die jedoch nicht sauber ausgespielt wurden. „Die Reaktion nach der Pause hat mir gefallen“, sagte Fischer, der erneut die fehlende Effizienz bemängelte. Besonders Michel war anzumerken, dass das Zusammenspiel mit den anderen Offensivkräften noch nicht ausgereift ist.
Nach einer Stunde brachte Fischer mit Kevin Möhwald und Kevin Behrens frische Kräfte und Union erhöhte noch einmal den Druck, die Präzision im letzten Drittel fehlte allerdings weiter. So kam es, wie es kommen musste. 20 Minuten vor Schluss stocherte Guerreiro den Ball zur Entscheidung über die Linie. Spätestens als Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck das vermeintliche 1:3 von Möhwald nach Studium der Wiederholung wegen eines vorherigen Foulspiels aberkannte, war klar, dass es einfach nicht Unions Tag war. So blieb das Comeback von Anthony Ujah nach mehr als anderthalb Jahren aus Berliner Sicht die einzige gute Nachricht.