Harte Zeiten für Ordnungsfanatiker: Das neue Album von Makaya McCraven

Veröffentlichungen neuer Alben von Makaya McCraven dürften harte Zeiten für die Angestellten von Streamingdiensten bedeuten, wo doch alles schön nach Schubladen sortiert wird: Studioalben kommen zu den Studioalben, Live-Platten zu den Live-Platten. Und EPs kommen mit anderen EPs in die EP-Sammlung. Dass bloß nichts durcheinanderkommt!

Wenn also einer wie McCraven mit einem Doppelalbum – zwei CDs oder zwei LPS, im Stream 20 Tracks – ankommt, das durchweg aus Mitschnitten von Livekonzerten besteht, die aber anschließend im Studio zerschnitten, neu zusammengesetzt und um neue Stimmen erweitert wurden, und wenn dieses Album auch noch als eine Sammel-Veröffentlichung vierer zum Monatsende erscheinender Einzel-EPs aufgemacht wird, die auf dem Album vollumfänglich mitpubliziert werden, ja, wohin gehört das Ganze denn dann?

Makaya McCraven bei der Aufnahme zu Techno Logic

© Shannon Marks / XL Recordings

Stattdessen besteht das Doppelalbum streckenweise aus fließend ineinander übergehenden Nummern, sowie aus Ausschnitten längerer Live-Improvisationen aus verschiedenen Jahren und in wechselnden Besetzungen, die klar erkennbar mittendrin anfangen und zum Ende hin lediglich ausgeblendet werden, ohne dass die Musiker zum Schlussakkord kämen.

Man ist also live dabei, bezeugt die Entstehung musikalischer Ideen aus dem Nichts, verfolgt ihre Entwicklung nach – und fühlt sich dabei, da die Basis ja einem Live-Konzert entstammt, irgendwie auch als Teil eines Publikums, das diese Musik mit vorwärtstreibenden Grooves und großen Spannungsbögen antreibt.

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Makaya McCraven, das Plattencover zur EP „Pop Up Shop“

© Shannon Marks / XL Recordings

So enthalten die Tracks der EP „Techno Logic“ Livemitschnitte mit dem Ausnahme-Kornettisten Ben LaMar Gay und dem Sons-of-Kemet-Tubisten Theon Cross aus Clubs in London, Berlin und New York. Die „The People’s Mixtape“ EP speist sich aus einer Liveaufnahme im New Yorker Club „Public Record“ im Januar 2025, „Hidden Out!“ aus einem Mitschnitt vom Juni 2017 im Chicagoer „Hideout“. Und „Pop Up Shop“ schließlich bedient sich an einer schon zehn Jahre alten Aufnahme aus dem Del Monte Speakeasy in Los Angeles – das Alter merkt man ihr im Übrigen nicht an.

Damit führt „Off The Record“ nicht nur durch verschiedene Schaffensphasen und Besetzungen, sondern vor allem durch vier sehr unterschiedliche Klangwelten zwischen Fusion, Hip-Hop und von Synthesizern gesättigtem, krautrockigem Elektro-Beat-Soundscape.

Echt, nicht authentisch

Hier und da ist auf „Off The Record“ das Publikum zu hören, dann Verspieler, wie die des Avant-Gitarristen Jeff Parker, die auf seinem Instrument im Solobetrieb eben besonders gnadenlos in den Vordergrund rücken, während ein unkontrolliert in die Oktave ausbrechendes Saxofon im Kontext freier Improvisation so gut wie immer wie ein beabsichtigtes Stilmittel anmutet.

Die Fehler machen die Musik per se weder schlechter noch besser. Sie schaffen aber Intimität, Nahbarkeit, eine Form der Verletzlichkeit, die man in hochglanzpolierten Produktionen höchstens in Form von theatral inszenierten Lyrics zu Gehör bekommt.

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