Zehn Jahre nach Anschlag auf „Charlie Hebdo“: Gedenken in Paris und Sonderausgabe der Satirezeitung
Die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ ist ein weltweites Symbol für Meinungsfreiheit geworden – am Dienstag gedenkt Frankreich der Opfer des islamistischen Anschlags auf die Redaktion in Paris vor zehn Jahren. Zwei Angreifer waren am 7. Januar 2015 in die Räume im Zentrum der französischen Hauptstadt eingedrungen, hatten um sich geschossen und viele Mitarbeiter des Satireblatts getötet. Mit einer 32-seitigen Sonderausgabe erinnert „Charlie Hebdo“ am Dienstag an seinen Kampf für die Meinungsfreiheit.
Karikaturen zu Gott, die im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs Ende 2024 ausgewählt wurden, sollen in der Sonderausgabe abgedruckt werden. Es geht um alle Religionen weltweit. Nach der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen 2006 war „Charlie Hebdo“ ins Visier von Islamisten geraten, wurde bedroht und dann am 7. Januar von den Brüdern Chérif und Saïd Kouachi angegriffen, zwei Franzosen algerischer Herkunft, die sich dem Terrornetzwerk Al-Kaida angeschlossen hatten.
In der Redaktion und auf der Flucht erschossen sie insgesamt zwölf Menschen, darunter acht Mitglieder von „Charlie Hebdo“, bevor sie selbst nach zweitägiger Verfolgung von Polizisten erschossen wurden.
Sie haben Charlie Hebdo nicht getötet, wir wollen, dass es 1000 Jahre bleibt.
„Charlie Hebdo“-Redakteur Gérard Biard
Mehrere der bekanntesten Zeichner und Karikaturisten Frankreichs wurden damals bei dem Angriff getötet, darunter Charb, Cabu, Honoré, Tignous und Wolinski. „Sie haben Charlie Hebdo nicht getötet“ und „wir wollen, dass es 1000 Jahre bleibt“, sagt „Charlie Hebdo“-Redakteur Gérard Biard heute. Das anarchistische und anti-klerikale Satireblatt war 1970 aus der Zeitschrift „Hara-Kiri“ hervorgegangen.
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Nach dem Angriff auf „Charlie Hebdo“ war es in den Tagen danach zu weiteren islamistischen Anschlägen in und bei Paris gekommen: Komplizen der Gebrüder Kouachi erschossen erst eine Polizistin und nahmen dann Geiseln in einem jüdischen Supermarkt, wo sie vier Menschen töteten. Diese Angriffe waren der Auftakt zu einer ganzen Serie islamistischer Anschläge in Frankreich, insbesondere die Anschläge von Paris am 13. November 2015, bei denen in Restaurants, Bars und im Konzertsaal Bataclan insgesamt 130 Menschen von Islamisten getötet wurden.
Die Bilder vom Anschlag auf „Charlie Hebdo“ haben sich in das kollektive Gedächtnis nicht nur in Frankreich eingebrannt: Kalaschnikow-Salven, Videoaufnahmen der maskierten Angreifer und ihre Schreie „Wir haben den Propheten Mohammed gerächt! Wir haben “Charlie Hebdo’ getötet!„ Dann die Flucht durch enge Straßen, quer durch Paris, tagelange Verfolgung durch die Polizei, bis 45 Kilometer nördlich der französischen Hauptstadt, wo sie sich verschanzt hatten.
Die Welle der Solidarität mit „Charlie Hebdo“ war riesig: Trauernde strömten damals zum Platz der Republik in der Pariser Innenstadt. Zu einem Gedenkmarsch am 11. Januar reisten dutzende Staats- und Regierungschefs nach Paris. Rund 1,5 Millionen Menschen gingen in der französischen Hauptstadt auf die Straße, landesweit fast vier Millionen.
Zum zehnten Jahrestag des Anschlags wird das Gedenken wie schon in den Vorjahren eher nüchtern ausfallen. Bürgermeisterin Anne Hidalgo wird zusammen mit Präsident Emmanuel Macron der Opfer gedenken. Macron hatte bereits am vergangenen Freitag mit Blick auf den Islamismus betont, dass „die Gefahren weiter da sind und dass beim Kampf um den Schutz der Franzosen und der Verteidigung unserer Freiheiten nicht nachgelassen werden“ dürfe.
2015 hatte „Charlie Hebdo“ mit seinem Heft nach dem Anschlag eine Rekordauflage erzielt – acht Millionen Exemplare wurden verkauft und die Abonnements stiegen auf 240.000 im Februar 2015. Ein Jahr später machte das religionskritische Wochenblatt deutlich, dass es nicht klein beigeben wird: Auf einer Sonderausgabe zum Jahrestag war ein blutverschmierter Gott mit Kalaschnikow zu sehen. Die Überschrift: „Ein Jahr danach: Der Mörder ist noch immer auf der Flucht.“
Heute hat „Charlie Hebdo“ nur noch 30.000 Abonnenten und in den Läden werden 20.000 Ausgaben verkauft. Der Ort der Redaktionsräume muss immer noch geheim gehalten werden. Im französischen Fernsehen und Radio wird es am Dienstag Sondersendungen zum Jahrestag geben, und der Sender France 2 wird den Abend den Fragen widmen: „Sind wir alle immer noch Charlie? Wo stehen wir bei der Meinungsfreiheit?“ (AFP)